Rede von Dr. Jan-Niclas Gesenhues Klimaschutz beim Immissionsschutz

Dr. Jan-Niclas Gesenhues
06.07.2023

Dr. Jan-Niclas Gesenhues (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen mit dem vorliegenden Gesetz einen Schritt machen, der eigentlich längst überfällig ist: Wir verankern das Schutzziel Klima endlich auch im Bundes-Immissionsschutzgesetz, und wir zeigen damit, dass Klimaschutz für uns Querschnittsziel ist. Klimaschutz ist eben nicht ein Thema eines einzelnen Ressorts, sondern es geht alle Ressorts etwas an, und es berührt auch alle Fachgesetze. Genau das setzen wir um, indem wir das Schutzgut Klima im Bundes-Immissionsschutzgesetz verankern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Frau Karliczek, ich habe bei Ihrer Rede wie immer gut zugehört. Ich habe aber nicht gehört, wie Sie zu dieser konkreten und wichtigen Feststellung und zu der geplanten Reform stehen, dort das Schutzziel Klima zu verankern. Das würde mich mal interessieren; denn das ist der wesentliche Teil dieses Gesetzes, und dazu haben Sie nicht ein Wort gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Hätten Sie doch eine Zwischenfrage gestellt!)

Ihre Rede passt aber zur CDU/CSU, weil sie ein Muster bedient, das wir immer wieder sehen: In Sonntagsreden hören wir immer vom Klimaschutz, aber wenn es um die konkrete Umsetzung geht, dann blockieren Sie,

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

und Sie machen auch keine eigenen Vorschläge.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das ist ja Unsinn! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Morgen haben Sie die Gelegenheit, zu unserem Klimaanpassungsgesetz Stellung zu nehmen!)

Man kann es so auf den Punkt bringen: Bei Ihnen von der CDU/CSU ist es so, dass Sie für jede Lösung ein Problem finden. Genau das ist Ihr Problem. Damit sind Sie selber zum Problem geworden.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben das größte Klimaschutzpaket aller Zeiten 2019 vorgelegt!)

Über 16 Jahre haben Sie den Klimaschutz in diesem Land drastisch vernachlässigt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP])

Was wir immer wieder sehen, ist, dass Sie den Zielen auf einer abstrakten Ebene zustimmen; aber wenn es um konkrete Instrumente geht, dann sind Sie dagegen. Das haben wir jetzt auch hier wieder gesehen.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben das Klimaziel 2020 eingehalten!)

Verkehrswende: Sie sind dagegen. Kohleausstieg: Sie sind dagegen.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)

Wärmewende: Sie sind dagegen.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das ist ja gelogen!)

Klimaschutz im Bereich des Immissionsschutzes: Sie sind dagegen. Sie sind die Dagegen-Partei, wenn es um Klimaschutz geht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das stimmt überhaupt nicht!)

Der Unterschied zu Ihnen ist: Wir bleiben beim Klimaschutz nicht auf der Zielebene, sondern wir gehen dann auch ganz konkret die Frage an:

(Zuruf des Abg. Andreas Bleck [AfD])

Wie können wir konkrete Erleichterungen auf den Weg bringen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen? Kollege Rinkert hat einige Beispiele gebracht. Und genau das machen wir mit dieser Reform des Bundes-Immissionschutzgesetzes.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Herr Dr. Gesenhues, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Weisgerber?

Dr. Jan-Niclas Gesenhues (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Selbstverständlich.

Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Kollege Gesenhues, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich frage Sie ganz konkret: Ist Ihnen entgangen, dass wir 2019 das größte Klimaschutzpaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt haben, mit einer CO2-Bepreisung, mit Fördermaßnahmen, mit einem Bundes-Klimaschutzgesetz, mit einem ganz konkreten Kontrollmechanismus? Erstaunlich ist, dass die Ampel die Klimaziele nicht ambitionierter gestaltet – wir wollen nach wie vor 2045 klimaneutral werden –, und noch erstaunlicher ist, dass die Ampel jetzt diesen Kontrollmechanismus aufweichen muss.

Wir haben die CO2-Bepreisung in Deutschland eingeführt. Wir haben es auf EU-Ebene geschafft, dass die CO2-Bepreisung für die Bereiche Wärme und Verkehr noch ausgeweitet wird. Und was macht Ihre Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament? Sie lehnt diese Ausweitung des Emissionshandels ab. In Wahrheit sind Sie die Dagegen-Partei!

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Hirte [CDU/CSU]: Genau! – Carsten Träger [SPD]: Da lachen sogar Ihre Kollegen!)

Deswegen frage ich Sie ganz konkret: Warum wollten Sie verhindern, dass auf europäischer Ebene dieses wirkungsvolle Instrument eingeführt wird? Wir haben es dann trotzdem mit Mehrheit durchgesetzt. Aber warum waren Ihre Kollegen im Europäischen Parlament – übrigens mit den Abgeordneten der rechten Seite – dagegen?

(Beifall bei der CDU/CSU – Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Dr. Jan-Niclas Gesenhues (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Kollegin Weisgerber, danke für die Frage. – Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die europäische Ebene ansprechen. Denn eins ist völlig klar: Wir werden unsere Klimaziele niemals mit technischen Lösungen alleine erreichen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

sondern wir brauchen dringend die Natur als unsere Verbündete für den Klimaschutz. Die EU-Kommission hat – übrigens jetzt auch mit Beschluss des europäischen Umweltrates – ein Gesetz vorgelegt, das genau das angeht, das unsere Ökosysteme als natürliche Verbündete stärken will: das Nature Restoration Law.

Ich frage Sie: Warum schreibt Ihre Fraktion

(Nina Warken [CDU/CSU]: Sie müssen jetzt aber antworten!)

einen Brief an Ihre eigene Kommissionspräsidentin, in dem Sie Ihre eigene Kommissionspräsidentin auffordern, das Nature Restoration Law abzuschießen,

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Wo bleibt Ihre Antwort? – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Die Antwort auf meine Frage!)

die Sustainable Use Regulation abzuschießen und die Industrieemissionsrichtlinie abzuschießen?

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Wie der Kanzler, keine Antwort! – Nina Warken [CDU/CSU]: Es scholzt!)

Sie tun im Moment auf europäischer Ebene alles dafür, um den Klimaschutz zu blockieren. Das ist die Wahrheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Aber wo ist die Antwort auf meine Frage?)

Das Muster, dem Sie da auf europäischer Ebene folgen – um auf Ihre erste Frage zu sprechen zu kommen –, hat sich auch in Ihrem konkreten Regierungshandeln gezeigt. Denn wir messen uns an unseren konkreten Maßnahmen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nina Warken [CDU/CSU]: Welche Maßnahmen? Gar keine!)

Ihre konkrete Maßnahme lässt sich übersetzen mit einem Begriff: Altmaier-Delle – Altmaier-Delle beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Denn Sie haben einen Deckel eingeführt, und dann ging es steil nach unten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP])

Wir haben das in dieser Bundesregierung und unter Minister Robert Habeck mit dem Osterpaket korrigiert, und der Ausbau der Erneuerbaren zieht jetzt endlich wieder an.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Und jetzt weichen Sie das Klimaschutzgesetz auf!)

Wir bringen mit dem Immissionsschutzgesetz – um zurück zum Thema zu kommen – erneut eine wichtige Beschleunigung für die erneuerbaren Energien auf den Weg.

Ich will abschließend aber noch eins dazusagen: Wir brauchen weitere Schritte für die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung, und das ist mehr als nur die Anpassung von Standards. Wir brauchen Personal, wir brauchen Priorisierung, und wir brauchen Digitalisierung in den Verwaltungen. Klimaschutz muss oben auf den Stapel. Und es braucht ausreichend Personal, um die Verfahren zu bearbeiten.

Ich setze an der Stelle große Hoffnung in den Bund-Länder-Pakt Planungsbeschleunigung, der im Bundeskanzleramt entwickelt wird. Ich hoffe sehr, dass dieser Bund-Länder-Pakt Planungsbeschleunigung zügig steht, damit das Personal bereitsteht, damit die digitalen Verfahren bereitstehen und damit in den Behörden Klimaschutz konsequent priorisiert wird. Das beschleunigt Genehmigungsverfahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nur mit diesem Bund-Länder-Pakt Planungsbeschleunigung können Gesetze wie das heutige auch ihre volle Wirkung für den Klimaschutz entfalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP])

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die Unionsfraktion erteile ich das Wort dem Kollegen Christian Hirte.

(Beifall bei der CDU/CSU)