Kreditrückzahlung Griechenlands an den IWF

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24.10.2019

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- ren! Es wurde schon gesagt: Was hier zur Abstimmung steht, ist der Antrag der griechischen Regierung, ein Drit- tel seiner IWF-Kredite zurückzuzahlen und gleichzeitig auf Parallelität der Rückzahlung von ESM- und EFSF- Darlehen zu verzichten. Aus unserer Sicht ist das zu Recht ein sinnvoller Antrag: Er führt – das wurde schon gesagt – zu einer deutlichen Zinsersparnis für Griechen- land; Griechenland hat momentan eine deutlich bessere Möglichkeit, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren: zu 1,5 Prozent bei einer zehnjährigen Anleihe. Das ist deut- lich weniger als der IWF-Kreditzins, der bei 4,9 Prozent liegt.

Diese Maßnahme führt zu einer Zinsersparnis in Grie- chenland, zu einer Glättung des Rückzahlungsprofils und auch zu einer langfristigen Verbesserung der Schulden- tragfähigkeit. Das ist auch gut für den deutschen Bundes- haushalt. Wir werden dem heute zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch so, Kollege Fricke: Auch der ESM als eu- ropäische Institution, die Europäische Kommission und die anderen Länder der Euro-Zone sind für diese Rück- zahlung – das zum Thema „europäische Verantwortung, europäische Solidarität“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland sollte sich hierbei in Europa nicht isolieren, sondern darum bemühen, dass man in der Gemeinschaft der europäischen Länder diesen Schritt zusammen macht.

Und zur Erinnerung –

(Der Redner wendet sich an das Präsidium)

– Entschuldigung, die Unruhe nervt ein bisschen –: Auch in anderen Fällen – auch Irland, Zypern und Portugal hatten eine Rückzahlung an den IWF unter Nichtanwen- dung der Parallelitätsklausel beantragt. Dem der Deut- sche Bundestag zugestimmt. Ich sehe nicht, warum wir jetzt hier eine Ausnahme machen sollten. Daran sollten wir heute auch erinnern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Weil wir es schon immer so gemacht haben! Konservativer geht es nicht! – Peter Boehringer [AfD]: Das Zinsniveau ist ein völlig anderes!)

Griechenland macht sich aus unserer Sicht damit auch ein Stück unabhängiger vom IWF. Wir haben von Anfang an gesagt: Europa kann seine Probleme alleine lösen, da- für braucht Europa nicht den IWF. Europa kann das selber machen. Das ist auch ein gutes Zeichen, wenn man klar- macht: Die Euro-Zone kann das alleine lösen; dafür braucht sie nicht den IWF.

Und wir dürfen nicht vergessen, dass die Griechinnen und Griechen harte Jahre hinter sich haben.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das hat der Kollege Fricke nicht mitgekriegt!)

 

Das lag zum Teil an den falschen Strukturen im Staats- sektor in Griechenland. Das lag aber auch an der falschen und harten Kaputtsparpolitik, die die Armut und Arbeits- losigkeit in Griechenland vergrößert hat.

Deswegen ist es sinnvoll, wenn Griechenland jetzt die Spielräume nutzt: für mehr Investitionen, für die Verrin- gerung der Armut, für die Verringerung der Arbeitslosig- keit. Aber wir sagen auch klar: Griechenland muss den Spielraum und die Zeit jetzt auch dafür nutzen, Struktur- reformen weiter anzugehen: Strukturreformen im Steuer- system und im Justizsystem – das muss jetzt Priorität haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist richtig: Es gibt jetzt auch eine neue Regierung. Die Schwesterpartei von CDU/CSU, Nea Dimokratia, ist jetzt neu im Amt. Sie haben diesen Wahlkampf gewon- nen, indem sie eine anderen Wirtschafts- und Finanzpo- litik in den Vordergrund gestellt haben. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Es gibt Teile davon, die wir richtig finden, zum Beispiel dass man jetzt auch gerade kleine Einkommen, die sehr stark in der Krise gelitten haben, unterstützen will. Aber es gibt auch Maßnahmen, die aus unserer Sicht falsch sind, die neoliberal sind: Steuersen- kungen für Reiche, für Unternehmen, für Dividendenbe- zieher. Das halten wir für falsch; das kritisieren wir hier auch klar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das führt trotzdem nicht dazu, dass wir jetzt den eingeschlagenen Weg verlassen, uns aus der europäischen Solidarität und Verantwortung stehlen und diese sinnvolle ökonomische Maßnahme hier jetzt nicht beschließen. Deswegen plädieren wir dafür, dem heute zuzustimmen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)