Rede von Laura Kraft Lehrer*innen

Laura Kraft
29.09.2022

Laura Kraft (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler auf den Tribünen! 23 500 – das ist die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland, die uns laut Nationalem Bildungsbericht 2022 bis zum Jahre 2035 fehlen werden. Wir haben hier jetzt schon viele Zahlen gehört. Es gibt unterschiedliche Schätzungen, und einige zeichnen ein noch düsteres Bild. Aber was alle Zahlen letzten Endes miteinander verbindet, das ist die düstere Zukunftsperspektive, was den Lehrermangel angeht. Der Lehrkräftemangel ist und bleibt die zentrale Herausforderung im Bereich Bildung und Schule.

Lassen Sie uns jetzt mal auf die Hochschulen schauen. Die Zahl der Lehramtsstudierenden ist in den letzten fünf Jahren gestiegen; das heißt, die Richtung stimmt schon mal. Wir brauchen aber auch ein Studium, das praxisnäher und inklusiver wird und den Übergang vom Hörsaal in die Klassenzimmer fließend gestaltet.

Es sind nach wie vor zu wenige Lehramtsstudierende eingeschrieben, und einige brechen sogar ihr Studium ab,

(Monika Grütters [CDU/CSU]: Einige brechen es ab?)

und auch das ist ein Problem. Die Studienbedingungen müssen verbessert werden; denn nur, wenn wir genug Fachkräfte im Lehramtsstudium finden, haben wir auch eine Chance, dem Lehrermangel zu begegnen.

Wenn wir mehr Lehrkräfte gewinnen wollen, muss aber auch die Berufsperspektive attraktiver werden. Die Bezahlung von Lehrkräften unterscheidet sich je nach Bundesland, und auch die Chancen auf eine Verbeamtung sind in den Ländern ungleich. Unterschiede im Kündigungsschutz, beim Gehalt, bei der Alters- und Gesundheitsvorsorge erleichtern niemandem die Entscheidung für ein Lehramtsstudium.

Lehrkräfte ohne Verbeamtung ziehen oftmals den Kürzeren. Der Gipfel ist dann manchmal auch die ungeheuerliche Praxis, angestellten Lehrkräften vor den Sommerferien zu kündigen, um sie dann eventuell im Herbst wieder einzustellen. Und das, meine Damen und Herren, hat nichts mit Anerkennung zu tun, sondern das degradiert hochqualifizierte Fachexpertise zur Ramschware, und das im öffentlichen Dienst.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Siehe Niedersachsen!)

Hier sind die Länder auch mit in der Verantwortung, das endlich zu beenden; denn das ist falsch.

Und auch die unterschiedliche Bezahlung von Lehrkräften je nach Schulform muss ein Ende haben.

(Zuruf von der AfD)

Wir Grüne lassen in NRW unseren Worten Taten folgen. Ab 2026 werden alle Lehrkräfte nach A13 bezahlt.

Aber auch im Bund ziehen wir uns nicht aus der Verantwortung. Es ist die richtige Schlussfolgerung von der Ampel, dass bundesweit zusammengearbeitet werden muss. Und als Ampel haben wir eine Reihe von Maßnahmen vereinbart, mit denen wir gemeinsam dem Lehrkräftemangel entgegenwirken und gute Bildung an Schulen aufrechterhalten wollen.

Neben der Zusammenarbeit von Bund und Ländern schaffen wir eine Koordinierungsstelle zur Lehrkräftefortbildung und vernetzen Weiterbildungsangebote in ganz Deutschland. Damit wollen wir die vielen guten Ansätze und Konzepte in den Ländern zusammenbringen und dafür sorgen, dass alle Länder voneinander profitieren. Zusätzlich werden wir die Qualitätsoffensive Lehrerbildung erheblich weiterentwickeln. Wir bringen die Lehrkräftebildung auf den neuesten Stand. Auch eine bundesweite Qualitätsentwicklung des Seiten- und Quereinstiegs müssen wir voranbringen; denn wir müssen auch mehr Quereinsteiger für den Lehrerberuf gewinnen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Noch mehr?)

Und auch die Berufsschulen dürfen wir nicht aus dem Blick lassen; denn das wird allzu oft getan.

Ein letzter Punkt, den ich hier anführen möchte. An den Schulen brauchen wir nicht nur Lehrerinnen und Lehrer – das ist hier auch schon genannt worden –; wir brauchen auch mehr Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, damit Lehrkräfte endlich entlastet werden und Kinder und Jugendliche nach ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen unterrichtet und betreut werden können.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)

Das ist gerade jetzt wichtig, weil wir auch viele geflüchtete Kinder und Jugendliche zu betreuen haben. Da müssen wir auch ganz einfach sagen: Kein Kind darf vergessen werden, und kein Kind wird von uns vergessen.

Lassen Sie es uns anpacken. Wir haben gute Ideen vorgelegt. Die Länder sind auch mit am Zug. Gemeinsam können wir es schaffen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wann denn, bis wann denn?)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Lina Seitzl hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)