Rede von Beate Müller-Gemmeke Leiharbeit

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
16.03.2023

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Die Realität sieht aber anders aus; denn Leiharbeitskräfte verdienen in der Regel deutlich weniger als die Stammbelegschaft.

Unsere grüne Haltung zur Leiharbeit ist bekannt und immer noch gleich: Wir wollen Equal Pay, also gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und zwar ab dem ersten Tag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann braucht es übrigens auch keine Höchstüberlassungsdauer. Diese Regelung wäre einfach, sie wäre zielführend und vor allem auch gerecht.

Wir sind jetzt in der Ampel, und diese Haltung war natürlich nicht konsensfähig. Im Koalitionsvertrag haben wir aber immerhin vereinbart, dass wir im Falle einer europäischen Rechtsprechung genau prüfen, ob und wie wir das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz reformieren werden.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: „Prüfen“!)

Und hier hat sich was getan. Der EuGH hat geurteilt, dass Leiharbeitskräfte nur dann schlechter als Stammbelegschaften bezahlt werden dürfen, wenn sie einen angemessenen Ausgleich für die Lohnungleichheit erhalten. Das Urteil stärkt die Leiharbeitskräfte und wird zwangsläufig einiges verändern. Auch wir als Ampel werden uns damit beschäftigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ja, wenn es um Equal Pay geht, dann geht es auch um eine andere, um eine wesentlich größere Gruppe. Auch wenn im Antrag der Linken davon nichts steht, möchte ich dennoch etwas zur Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sagen; zumal letzte Woche Equal Pay Day war. Niemand darf bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit wegen des Geschlechts benachteiligt werden. Dennoch bekommen Frauen immer noch durchschnittlich rund 18 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Werden die Faktoren Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung berücksichtigt, ergibt sich der sogenannte „Gender Gap Arbeitsmarkt“, und der liegt sogar bei 39 Prozent. Das zeigt sehr anschaulich den Handlungsbedarf. Frauen verdienen einfach mehr!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das Entgelttransparenzgesetz reicht nicht aus. Deshalb werden wir als Ampel das Gesetz weiterentwickeln. Am besten wäre es natürlich, wenn wir ein echtes Entgeltgleichheitsgesetz auf den Weg bringen würden. Notwendig ist auch, dass Frauen Unterstützung von Verbänden bekommen, damit sie nicht alleine klagen müssen; denn diese Lohnlücke ist einfach nicht akzeptabel.

Das ist die Situation, und gleichzeitig leiden die Unternehmen unter dem Arbeits- und Fachkräftemangel. Deshalb müssten die Unternehmen eigentlich ein Interesse daran haben, die strukturellen Unterschiede zu reduzieren, also Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen. Und das geht – das geht wirklich – mit guten Arbeitsbedingungen.

In einer modernen Gesellschaft brauchen Frauen und Männer mehr Zeitsouveränität, um Carearbeit, um Arbeit und Leben besser miteinander zu vereinbaren. Dafür müssen wir beispielsweise die Brückenteilzeit reformieren. Wichtig wäre auch, dass Frauen Lage und Ort der Arbeitszeit stärker mitgestalten können. Frauen würden dann mehr und länger arbeiten – da bin ich mir ganz sicher –, weil die Arbeit dann besser ins Leben passt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mein Fazit ist also: Gute Arbeitsbedingungen und gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit sind Ausdruck von wirtschaftlicher Vernunft. Das ist Voraussetzung für Gleichberechtigung, und das ist vor allem eine Frage der Gerechtigkeit.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist Jana Schimke für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)