LKW-Maut

18.10.2018

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ab 2019 werden erstmals Kosten bei der Lkw-Maut berücksichtigt, die durch Lärm- und Luftverschmutzung im Straßengüterverkehr entstehen. Das ist richtig und war zugleich überfällig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Doch von Kostenwahrheit sind wir noch ein großes Stück entfernt. Der Lkw-Verkehr soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur 75 Prozent der Luftverschmutzungskosten und lediglich 28 Prozent der Lärmkosten tragen. Es kann nicht sein, dass ein Teil der Kosten auf die Gesellschaft abgewälzt wird. Der Straßengüterverkehr sorgt für Belastungen durch Lärm und Abgase und muss deshalb die Kosten dafür auch vollständig tragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir reden hier auch nicht über Peanuts: Bis 2022 wird der Lkw-Verkehr dadurch in Höhe von 1,3 Milliarden Euro vom Steuerzahler subventioniert.

(Oliver Luksic [FDP]: So ein Quatsch!)

Meine Damen und Herren, im Ergebnis der Expertenanhörung ist es in der Ausschussberatung zu einer Änderung am Gesetzesentwurf gekommen, die wir begrüßen, nämlich dass Lkws mit Erd- oder Flüssigerdgas bei der Maut bessergestellt werden. Wir hatten als Grüne eine bis 2025 befristete Halbierung der Mautsätze für Gasantriebe vorgeschlagen, weil diese Lkws eine bessere CO 2 -Bilanz haben; sie emittieren auch weniger Feinstaub. Es handelt sich um eine Brückentechnologie, die wir im Straßengüterverkehr brauchen. Die Koalition hat einen anderen Ansatz gewählt. Im Ergebnis ist jetzt aber ein technologieoffener Ansatz bei der Förderung alternativer Antriebe sichergestellt, und das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Den Einsatz von Elektro-Lkws im Straßengüterverkehr durch eine Mautbefreiung zu fördern, ist grundsätzlich richtig, die handwerkliche Umsetzung im Gesetzentwurf hingegen weniger. Wir Grünen haben vorgeschlagen, dass Elektrolaster für die Mautfreistellung eine elektrische Mindestreichweite von 40 Kilometern aufweisen müssen, damit der Umweltvorteil eben nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf der Straße zur Geltung kommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ferner sollten Elektro-Lkw nur dann von der Maut befreit werden, wenn sie im Vor- und Nachlauf zur Schiene, also im kombinierten Verkehr, eingesetzt werden. Wir wollen nämlich keine Rückverlagerung von Verkehr von der Schiene auf die Straße; denn auch die Elektromobilität auf der Schiene ist nicht mautfrei; die Schienenmaut, die sogenannten Trassenpreise, fallen auch unter Fahrdraht an.

Diese Forderung ist übrigens keine Idee von uns Grünen, sondern steht so im Masterplan Schienengüterverkehr des Bundesverkehrsministeriums vom Sommer letzten Jahres, der laut Koalitionsvertrag vollständig und dauerhaft umgesetzt werden soll. Im Masterplan Schienengüterverkehr heißt es, dass eine etwaige Privilegierung von Elektro-Lkw „ausschließlich im Vor-/Nachlauf zur Schiene im intermodalen Verkehr“ infrage kommt. So hätte man das auch umsetzen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich möchte darauf zu sprechen kommen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf grundlegend hätte verändert werden müssen.

Lkws zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zahlen keine Maut. Weil die Koalition diese „Mautlücke“ nicht schließt, sehen wir immer mehr kleine Lkws, die die Autobahnen verstopfen. Wenn Nutzerfinanzierung, dann muss sie auch für alle gelten. Auch kleine Lkws müssen für die Nutzung der Infrastruktur zahlen. Laut Wegekostengutachten entgehen dem Bund dadurch zwischen 2019 und 2022 Einnahmen von 1,4  Milliarden Euro, die nicht in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden können.

Auch bei der fehlenden Fernbusmaut ist die Koalition nicht konsistent. Der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Allianz pro Schiene und der Verkehrsclub Deutschland haben in der Anhörung zum Gesetzentwurf einhellig die Einführung der Fernbusmaut gefordert; denn auch Fernbusse beanspruchen die Infrastruktur, die Straßen, die Brücken. Deshalb muss auch an dieser Stelle gelten: Nutzerfinanzierung für alle, also auch für Fernbusse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auch durch diese Subventionierung geht Geld verloren: jährlich 300 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen, die gut und gerne als Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur hätten zur Verfügung stehen können.

Abschließend: Die zusätzlichen Mauteinnahmen dürfen nicht einseitig für Straßenneubauinvestitionen verwendet werden. Die Einnahmen aus der Lkw-Maut müssen nach dem Prinzip „Verkehr finanziert Verkehr“ auch für Investitionen in die Schiene und die Wasserstraße eingesetzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich erinnere daran, dass bei der Einführung der Maut genau dieser Grundsatz galt, und er hat unverändert seine Berechtigung. Wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst nehmen, dann brauchen wir zusätzliche Investitionen in die Schiene und in die Wasserstraße. An dieser Stelle kommen Sie diesem ursprünglich richtigen Ansatz nicht nach. Deshalb werden wir dem Gesetz heute nicht zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)