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11.09.2020

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirecard, die Mautaffäre von Andi Scheuer, die Cum/Ex-Affäre, Rente Rüttgers, „Rent a Sozi“-Skandale, der Abgasskandal und das Vorgehen der Autolobby in der Dieselaffäre oder die Debatte um Philipp Amthor und Augustus Intelligence: Jeder einzelne Skandal, meine Damen und Herren, jede einzelne Verfehlung erschüttert das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker insgesamt, und das ist eine Situation, die wir so nicht hinnehmen können. Und dem, meine Damen und Herren, können wir nur mit klareren und strikteren Regeln und mehr Transparenz begegnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Seit Jahren streiten wir im Deutschen Bundestag für mehr Transparenz, für Nachvollziehbarkeit und Offenheit bei politischer Interessenvertretung. Auch ein breites Bündnis, die Lobbyallianz mit dem Verband der Chemischen Industrie, fordert mehr Transparenz in der Interessenvertretung. Im europäischen Vergleich steht Deutschland miserabel da, wenn es um Fragen von Transparenz und rechtliche, klare und strikte Regelungen bei Einflussnahmen geht. So viele Jahre haben sich die Union – vor allen Dingen die Union; denn Sie haben es in erster Linie blockiert – und die Koalition aus Union und SPD geweigert, hier voranzukommen.

Jetzt ist es endlich an der Zeit. Ich bin froh, dass wenigstens etwas vorliegt, auch wenn der Gesetzentwurf so, wie er vorliegt, auf gar keinen Fall ausreichend ist für die Problemlage, um die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenheit zu schaffen, die wir brauchen, meine Damen und Herren. Was ist das für ein Gesetzentwurf, der die Bundesregierung in der Frage der Transparenz und der Darlegung von Lobbyismus außen vor lässt? Das ist doch verrückt! Wie kann man so was überhaupt einbringen, ohne das ganz breite Element derer, die dafür verantwortlich sind, dass wir dauernd Untersuchungsausschüsse einsetzen, meine Damen und Herren?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Einflussnahme findet doch nicht nur im Parlament statt, sondern auch bei der Regierung. Deshalb bin ich froh, dass Sie nach der massiven öffentlichen Kritik und dem Druck auf die Idee kommen, jetzt einen Änderungsantrag anzukündigen. Ich bin gespannt, wie das dann aussieht.

Und die ganzen Ausnahmen für Verbände, die sich nicht darlegen müssen, sich nicht erklären müssen, wo nehmen Sie die denn alle her? Wer ist das dann am Ende alles? Warum sollten denn Verbände nicht dieser Eintragungspflicht unterliegen, von der Sie in Ihrem Gesetzentwurf reden? Das ist doch überhaupt nicht nachvollziehbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus fehlt der legislative Fußabdruck. Wir wollen doch wissen: Wer geht in Ministerien und im Parlament ein und aus? Und wer nimmt Einfluss auf Gesetzentwürfe? Das wollen wir doch nicht durch unsere schriftlichen Fragen und das Fragerecht der Abgeordneten erfahren –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Haßelmann, schauen Sie mal auf die rote Lampe.

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– ja –, sondern aufgrund einer Darlegungspflicht, die von vornherein besteht. Deshalb ist auch ein legislativer Fußabdruck wichtig.

Meine Damen und Herren, 82 Prozent der Menschen halten den Einfluss von Lobbyisten für zu hoch. Wir haben dringenden Bedarf, hier zu liefern in Sachen Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenlegung politischer Interessenvertretung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Jetzt hat das Wort der Kollege Carsten Schneider, SPD.

(Beifall bei der SPD)