Rede von Bernhard Herrmann Mahnmal für die Opfer des Kommunismus umsetzen

17.03.2022

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Zeiten, in denen Diktatoren durch Angriffskriege auf ihre Nachbarländer versuchen, die Geschichte gewaltsam zu revidieren, bekommt das Erinnern und Gedenken an die Opfer diktatorischer Gewaltherrschaft eine noch größere Bedeutung. International haben wir durchaus aufzuholen, wenn es um das zentrale Gedenken an Opfer kommunistischer Diktaturen geht. Doch es herrscht ein breiter Konsens darüber, dass wir dies ändern müssen. Und wir sind auch dabei.

Wir haben heute Mittag hier im Deutschen Bundestag bereits über die große Bedeutung der Aufarbeitung der SED-Diktatur debattiert und darüber, wie wichtig die intensive Auseinandersetzung in den Jahren nach der Wiedervereinigung und die Entwicklung einer gesamtdeutschen Erinnerungskultur in den vergangenen Jahrzehnten waren. Der überparteiliche, gemeinschaftliche Ansatz hat dazu beigetragen, dass unser Land zusammenwächst und die Demokratie gefestigt wird. Die Geschichten von Opfern der SED-Diktatur sind sehr verschieden. Viele von ihnen saßen grundlos in Gefängnissen, andere wurden im Kleinkindalter von ihren Familien getrennt, mussten in Kinderheimen aufwachsen, oder es kam zu Zwangsadoptionen. Menschen verloren ihre Arbeit, wurden psychischem Druck ausgesetzt oder mussten das Land verlassen. Unvergessen bleiben die vielen Frauen und Männer, die entlang der Mauer ihr Leben verloren haben, auf der Flucht in die Freiheit.

Bis heute nicht sind alle Opfer politischen Unrechts rehabilitiert, entschädigt oder angemessen unterstützt worden. Umso wichtiger ist es, dass im Koalitionsvertrag der erleichterte Zugang zu Hilfen und Leistungen für die Opfer, aber auch die Einrichtung eines Härtefallfonds vereinbart wurden. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Unterstützung der Opfer haben für uns eine große Bedeutung. Doch es geht um mehr als politische und rechtliche Anerkennung. Es geht auch um Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit und um das würdevolle Gedenken an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland. Daher ist ein zentrales Mahnmal, das an den Widerstand gegen die kommunistische Diktatur erinnert, so wichtig. Mahnen. Erinnern. Gedenken – auch für die Angehörigen der Opfer, von denen viele bei ihren Fluchtversuchen verschollen blieben, wäre ein solch zentraler Ort zum Trauern von großer Bedeutung.

Mit dem Beschluss des Bundestages Ende 2019 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches Mahnmal geschaffen und ein Jahr später das Konzept erstellt. Jahrelanges Engagement von DDR-Bürgerrechtlerinnen und -Bürgerrechtlern und der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft, mit den vielen Opferinitiativen, gingen dem voraus. Dieser langjährige Einsatz – die Beteiligung der Union der Opferverbände, der Bundesstiftung für Aufarbeitung sowie der Wissenschaft an der Erstellung des Konzeptes – sind anzuerkennen. Die Einbringung verschiedener Perspektiven war und bleibt weiterhin wichtig.

Wir sind uns einig, dass die Leerstelle in unserer Erinnerungslandschaft geschlossen werden muss. Daran gibt es keinen Zweifel. Es ist auch unsere Verantwortung, zukünftige Generationen zu mahnen. Denn Demokratie ist ein kostbares Gut, das es zu festigen und verteidigen gilt. Es ist wichtig nicht irgendeinen Ort in Berlin für ein solch wichtiges Denkmal auszusuchen, sondern einen angemessenen Ort. Sie können sich darauf verlassen, dass Frau Staatsministerin Roth die Planung des Mahnmals unter Einbeziehung der verschiedenen Akteurinnen und Akteure voranbringen und gemeinsam sowie mit Bedacht einen würdigen Ort zum Gedenken an die vielen Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft finden wird.