Rede von Markus Kurth Renten
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit, und die blitzt an einer Stelle sogar in dem Antrag der Linken auf. Im Feststellungsteil heißt es nämlich: „... die nachgelagerte Besteuerung“ wird „über das gesamte Leben betrachtet zu einer Entlastung führen“. Damit könnte man diesen Antrag eigentlich auch gleich beiseitelegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit des Abg. Markus Herbrand [FDP] – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eben nicht!)
Dass es zu einer Entlastung führt, hat schon im März dieses Jahres der ansonsten von Ihnen gern als Sachverständiger eingeladene Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, noch einmal bestätigt. Im Gesetzentwurf seinerzeit ist der Bund von Mindereinnahmen in Höhe von 15 Milliarden Euro ausgegangen. In einer Stellungnahme dazu hat das RWI, ein Wirtschaftsinstitut, sogar 22 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen durch den Umstieg in die nachgelagerte Besteuerung festgestellt. Das heißt also: Durch den Umstieg in die nachgelagerte Besteuerung sind die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unter dem Strich entlastet worden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])
Daran muss man an dieser Stelle unbedingt noch einmal erinnern.
Da dieses Gesetz in meiner ersten Legislaturperiode als Mitglied des Deutschen Bundestags verabschiedet wurde, weiß ich noch genau, dass wir als Gesetzgeber damals einen Sicherheitspuffer eingebaut haben.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
Wir haben nämlich das Entlastungsvolumen bei den Beitragszahlungen größer gestaltet als den Aufwuchs der Steuerpflicht bei der Rente.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Hat er recht!)
Das Bundesverfassungsgericht, das von Ihnen jetzt inflationär bemüht wird,
(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
hat 2015 in einem Beschluss noch einmal festgehalten, dass der Besteuerungsanteil für die Rente, der erstmalig 2005 bei 50 Prozent festgesetzt wurde, sogar hätte höher angesetzt werden können. Es ist also ein Puffer eingebaut worden.
Wie der Kollege Gutting richtigerweise schon ausführte, kann ein Gesetzgeber bei dieser Frage natürlich nur typisiert vorgehen. Es kann nicht jeder Einzelfall bis auf den letzten Cent durchgerechnet werden. Und auch Sie von den Linken gestehen das im Begründungsteil Ihres Antrags in gewisser Weise ein. Sie schreiben: Wie hoch die tatsächliche steuerliche Belastung ausfallen wird, hängt im Einzelfall allerdings davon ab, ob weitere Einkünfte vorhanden sind, ob zusammenveranlagt wird, ob mit dem Splittingtarif besteuert wird, welche Ausgaben für Versicherung, Vereins- und Gewerkschaftsmitgliedschaften da sind, welche Krankheitskosten abgesetzt werden können usw. usf. – Das alleine macht schon deutlich, was Sie selbst über die Komplexität der Besteuerung in Ihrem Antrag sagen: dass der Gesetzgeber gezwungen ist, eine typisierte Verfahrensweise vorzunehmen.
Darum kann man sagen: Generell und im Allgemeinen liegt Doppelbesteuerung überhaupt nicht vor. Sie reden hier beide über ein nicht existentes Problem, um Rentnerinnen und Rentner zu verunsichern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Das ist ein von beiden Enden des Hauses komplett unseriöser politischer Ansatz.
(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Ich würde mich hier zu dieser Zeit viel lieber über die Zukunftsfestigkeit der Rente unterhalten als über diese Art von suggestiv gebastelten Anträgen.
Der einzige sogenannte Sachverständige, auf den Sie sich berufen, ist der den Fachleuten bekannte Herr Siepe.
(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Das ist der Einzige weit und breit, der jedes Jahr dieselben Argumente wiederholt und der behauptet, dass der Grundfreibetrag bei der Steuer nicht eingerechnet werden dürfte, und der mit teilweise sehr absurden – jedenfalls methodisch fragwürdigen – Argumenten die These der Doppelbesteuerung untermauert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube, das kann keine ernsthafte Beratungsgrundlage sein.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)