Medizinische Assistenz

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25.11.2020

Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor gut zwei Wochen habe ich meine Uniform als Oberarzt des Berliner Rettungsdienstes erst mal in den Spind gehängt, meinen Pieper ausgeschaltet, um in dieser heraufordernden Zeit meine Fraktion im Gesundheitsausschuss und hier in diesem Haus als neuer Abgeordneter zu unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich will diese erste Rede nutzen, um den schwer arbeitenden Menschen im Gesundheitswesen und den Patientinnen und Patienten eine Stimme bei dieser wichtigen Gesetzesreform zu geben. Wer die Praxis im Gesundheitswesen kennt, wird mir zustimmen – in einigen Reden wurde es ja eben schon deutlich gemacht –, dass die medizintechnischen Berufe einen wichtigen eigenständigen Eckpfeiler funktionierender Gesundheitsversorgung in Deutschland darstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Endlich – ja, es wurde nach 27 Jahren wirklich Zeit – geht die geplante Gesetzesänderung längst überfällige Missstände an, etwa durch die Abschaffung des Schulgeldes oder durch die Einführung einer zeitgemäßen, wertschätzenden Berufsbezeichnung. Das ist gut, und das loben wir ausdrücklich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Gut gemeint ist aber leider längst nicht in allen Teilen gut gemacht. Mit meiner Praxiserfahrung kann ich Ihnen sagen: Der Abschnitt zu einer Reform des Notfallsanitätergesetzes ist realitätsfern und macht das Leben für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter nicht einfacher, sondern faktisch schwerer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wer von uns will nach einem Unfall einen Notfallsanitäter oder eine Notfallsanitäterin an seiner Seite stehen haben, dem oder der die Hände gebunden sind, der oder die also auf eine Ärztin warten muss, weil ihm oder ihr das Gesetz nicht erlaubt, akute Schmerzen zu lindern? Uns eint das Ziel, Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern mehr Rechtssicherheit und Handlungsspielräume einräumen zu wollen; aber der vorliegende Entwurf führt schlichtweg zum Gegenteil. Noch mehr Rechtsunsicherheit – das darf nicht passieren; das sind wir in allererster Linie unseren Patientinnen und Patienten schuldig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Was es nun braucht – das ist nicht nur meine Meinung oder die meiner Fraktion, sondern im Übrigen auch die des Bundesrates –, sind Änderungen bei zwei wichtigen Punkten:

Erstens. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter verdienen endlich eine Klarstellung, nämlich dass bezüglich der Abwendung einer akuten und konkreten Gefahr für Leib und Leben keine rechtliche Unsicherheit mehr besteht. Das bedeutet, dass sie für ihr Handeln nicht allein auf § 34 Strafgesetzbuch zurückgreifen können sollen, sondern bei sogenannten 2c-Maßnahmen nach Notfallsanitätergesetz über eine klar umschriebene Heilkundebefugnis zur Durchführung heilkundlicher Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahr verfügen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens – auch das ist Realität im Rettungsdienst –: Es gibt Situationen, in denen keine Lebensgefahr besteht, aber trotzdem heilkundliche Maßnahmen notwendig sind. Unter Umständen – das ist der entscheidende Punkt – ist da gar kein Arzt erforderlich. Für diese Fälle müssen wir im Notfallsanitätergesetz dringend das Instrument einer Generaldelegation als verbindlichen landesrechtlichen Regelungstatbestand einführen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Länder wie Bayern und Berlin haben ja schon in Eigeninitiative vorgemacht, dass das geht. In diesen Ländern führen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter heute schon eine Vielzahl invasiver Maßnahmen eigenständig durch; das lindert dann auch ganz konkret Schmerzen und Leid. Das brauchen wir flächendeckend und bundesweit, und das muss im Notfallsanitätergesetz endlich richtig verankert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Ich bitte den Minister und die Regierungsfraktionen im Namen der Kolleginnen und Kollegen im Rettungsdienst ganz eindringlich darum, den Regierungsentwurf hinsichtlich der Neuregelung des Notfallsanitätergesetzes anzupassen. Gerne bieten wir an, hier mit Sachverstand im parlamentarischen Verfahren mitzuarbeiten. Ich bin guter Hoffnung, dass uns hier im Sinne des gemeinsamen Ziels Besserung gelingt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN und des Abg. Christian Petry [SPD])

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Dr. Janosch Dahmen. Ihnen viel Erfolg und viel gute Arbeit hier im Hohen Haus, in der Herzkammer! Alles, alles Gute!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Alexander Krauß.

(Beifall bei der CDU/CSU)