Mail Außendorf MdB
26.01.2023

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Ampel haben wir mit der handelspolitischen Agenda neue Maßstäbe etabliert. Wir machen Handelspolitik auf Augenhöhe. Handel kann und muss mehr sein als nur vereinfachter Warenaustausch, er muss auch als Anlass gesehen werden für die gemeinsame Sicherung der Lebensgrundlagen und muss damit auch als Grundlage für die Wirtschaft genutzt werden. Wir haben bereits CETA deutlich verbessert, sind aus dem Klimakiller Energiecharta-Vertrag ausgestiegen und machen regelbasierte und durchsetzbare Nachhaltigkeitskapitel zum Standard.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Für das Mercosur-Handelsabkommen haben wir im Koalitionsvertrag die Bedingungen für eine Ratifizierung festgehalten. Für uns ist klar, dass wir uns dann – und nur dann – für die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens einsetzen, wenn zuvor vonseiten der Partnerländer umsetzbare, überprüfbare, rechtlich verbindliche Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz eingegangen werden und praktisch durchsetzbare Zusatzvereinbarungen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen abgeschlossen worden sind.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Also alles neu verhandeln, oder was?)

– Mit Zusatzverhandlungen. Dazu kommen wir gleich noch.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Aha!)

Ich will an dieser Stelle auch festhalten: Auch ein EU-only-Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten muss sich an diesem Anspruch messen lassen.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: So wird das nie was mit euch!)

Wir sind dazu in engem Austausch mit der Kommission und sind froh, dass sie mit den vorgelegten Nachhaltigkeitsstandards diesen Weg auch schon eingeschlagen hat.

Herr Beyer, noch kurz zu Ihnen. Sie haben uns ja vorgehalten, die Bundesregierung würde da jetzt nichts vorlegen. Nur noch mal zur Erklärung: Die Kommission führt die Verhandlungen. Wir setzen die Rahmen, und das haben wir mit der handelspolitischen Agenda gemacht. Das verhandeln wir dann mit der Kommission. Ich bin der Frau Staatssekretärin Franziska Brantner sehr dankbar. Sie hat das mit CETA gemacht, –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege?

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– und die macht das jetzt auch wieder für Mercosur.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der Linksfraktion von Herrn Meiser.

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, gerne.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Bitte schön.

Pascal Meiser (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Kollege Außendorf, für die Möglichkeit, eine Frage stellen zu können. Sie haben auf den Zwischenruf der Union hin gesagt, dass Sie keine Neuverhandlung des Abkommens wollen, sondern nur Zusatzvereinbarungen. Ich hab jetzt mal nachgeschaut. Ihre Fraktionsvorsitzende Frau Dröge, die ich sehr schätze, auch weil wir in der letzten Legislaturperiode in dieser Frage zwischen Linken und Grünen ja sehr eng zusammengearbeitet haben, hat im Mai 2021 noch gesagt – ich zitiere –:

Zusatzerklärungen zum Vertragstext reichen nicht aus,

– auch nicht verbindliche –

es braucht grundlegende Änderungen des Vertragstextes.

Ich frage Sie jetzt: Gilt das Wort Ihrer Fraktionsvorsitzenden Frau Dröge weiterhin, oder nehmen Sie von dieser Position Abstand?

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Grundsätzlich wäre eine Neuverhandlung natürlich der sauberere, der bessere Weg. Das würde aber gleichzeitig bedeuten, dass wir uns über Jahre auf einen komplett neuen Pfad begeben müssten. Deswegen haben wir uns in der handelspolitischen Agenda der Ampel darauf verständigt, dass wir den Weg über verbindliche Zusatzvereinbarungen wählen. Das ist der Weg, den wir jetzt in der Ampel vereinbart haben und den die Regierung einschlagen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Zuruf des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Wie es übrigens mit Handelsabkommen geht, das hat die Kommission in den Verhandlungen mit Neuseeland gezeigt. Die Gespräche mit Australien sind auf dem Weg. Sanktionsbewehrte Nachhaltigkeitskapitel, Mittelstandskapitel vor allen Dingen und Klimaschutz spielen eine wichtige Rolle. Das ist für uns der neue Goldstandard.

Wir müssen aber auch konkrete Kritik ernst nehmen. Das ursprüngliche Mandat zu den Verhandlungen ist nun 20 Jahre alt und nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Beispielsweise hat eine Studie der europäischen Grünen gezeigt, dass selbst knapp die Hälfte der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer über die Umweltauswirkungen des Abkommens besorgt ist. Die Mehrheit der Unternehmen ist sogar der Ansicht, dass Umweltproblemen am besten durch rechtsverbindliche Klauseln einschließlich Sanktionsmechanismus zu begegnen ist. Zudem hat das Europäische Parlament zweimal schon die Ratifizierung abgelehnt, und das heißt: Es ist nötig, dass wir nachbessern; denn auch da brauchen wir am Ende eine Mehrheit.

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das sieht aber Kollege Miersch anders!)

Zum Schluss komme ich zum Antrag der Union. Den haben wir uns natürlich genau angeguckt, und ich muss feststellen: Darin sind vor allen Dingen Widersprüche enthalten. Sie schreiben, Deutschland müsse „ein natürliches Interesse an offenen Märkten“, aber auch an einer „nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung“ haben. Ja, das ist richtig, das haben Sie richtig erkannt. Andererseits fordern Sie in Punkt 7, das Abkommen „nicht durch Rufe nach Zusatzvereinbarungen und Nachverhandlungen aufs Spiel zu setzen“. Ja, was denn nun? Sie streuen einerseits den Menschen Sand in die Augen, indem Sie sich vorbildlich für Nachhaltigkeit einsetzen, aber andererseits sagen Sie, verhandeln müsse man aber nicht. Also, das ist schon widersprüchlich. Das geht so nicht weiter.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])

An einer anderen Stelle machen Sie es genauso; das ist Punkt 4. Darin fordern Sie die konsequente Einhaltung der EU-Produktstandards für eingeführte landwirtschaftliche Erzeugnisse. Ja, wunderbar, nur ist diese sogenannte Mirror Clause im Abkommen gar nicht drin. Auch da streuen Sie den Menschen Sand in die Augen.

Ich komme zum Schluss. Wir werden Ihren Antrag aus den genannten Gründen ablehnen. Wir begegnen den Herausforderungen durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht mit einer überstürzten Ratifikation eines 20 Jahre alten Handelsabkommens. Mercosur bietet Chancen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien, bei Rohstoffen, bei Diversifizierung und beim Umweltschutz. Diese wollen wir nutzen und vor allem durch verbindlichen Waldschutz ergänzen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Der Kollege Till Mansmann hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)