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12.04.2024

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Das war ja gerade wild, nicht wahr?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Man weiß gar nicht, ob man jetzt lange darüber reden sollte, was hier eigentlich das Thema ist, wie stark das Thema verfehlt wurde, ob man noch einmal darüber nachdenken sollte, was die Mobilitätsdatengesetzgebung – um die geht es im Kern – mit dem Infektionsschutzgesetz zu tun haben könnte,

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Ja, wirr!)

inwieweit Putin etwas mit unserem Mobilitätsdatengesetz zu tun haben könnte, wenn die AfD über Überwachung in Deutschland redet und dann gleichzeitig bei jeder sich bietenden Möglichkeit nach Russland fährt, um an diesem System mitzuarbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das passt überhaupt nicht zusammen. Das ist so wild. Herr Schmidt, ehrlich gesagt, ich habe das Gefühl, Sie haben den Unionsantrag überhaupt nicht gelesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Danke, Herr Kollege!)

Dass ich, der ich den Antrag an vielen Stellen auch nicht so super finde, jetzt diesen Antrag hier verteidigen muss gegen diese Merkwürdigkeit an Rede! Sorry, das war einfach zu viel. Es gibt viele Jugendwörter, die das gut beschreiben: von „weird“ über „cringe“. Aber vielleicht ist es dann in Ihrem Fall auch einfach nur YOLO.

Jetzt zu dem eigentlichen Punkt: Warum brauchen wir denn eigentlich ein Mobilitätsdatengesetz? Vielleicht lesen Sie sich das Eckpunktepapier noch einmal durch. Das Mobilitätsdatengesetz soll es einfacher machen, Bus und Bahn zu benutzen, soll dafür sorgen, dass man Tickets einfacher buchen kann, dass man alle Verkehrsmittel besser zusammenschalten kann, nutzen kann, dass die Reiseketten leichter werden sollen.

(Zuruf von der AfD: Dass die Bahn mal pünktlich ist!)

Darum geht es. Es geht um Fahrgastinformationen im besten Sinne, darum, dass das Verkehrssystem effizienter, leistungsfähiger, auch ökologischer – ich weiß, da gehen Sie auch gleich ab –, sozialer und insgesamt auch wirtschaftlich sinnvoller aufgestellt wird. Das heißt im Kern: mehr Mobilität bei vielleicht gleich viel oder gar weniger Verkehr.

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Ja!)

Darum geht es im Mobilitätsdatengesetz und nicht um das Infektionsschutzgesetz, nicht um Putin, nicht um Überwachung.

Der Datenschutz wird an dieser Stelle fast gar nicht – wir werden es natürlich durchgehend monitoren müssen – berührt sein, weil es nicht um Personendaten, sondern um Verkehrsdaten geht: Wo steht ein Bus? Wo steht eine Bahn? Das ist Mobilitätsdatengesetz. Nicht das, was Sie da gelesen oder auch nicht gelesen haben.

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Richtig!)

Trotzdem gibt es viele offene und komplexe Fragen; das sei erwähnt.

Es geht darum: Was ist Echtzeit? Hier geht es darum, ob es zwei Minuten sind, 20 Sekunden oder es einfach nur keine künstliche Latenz gibt.

Das Zusammenspiel mit der EU-Gesetzgebung ist hochkomplex. Deswegen verstehe ich auch das BMDV, dass es da ein bisschen struggelt, im Zeitplan zu bleiben, auch wenn ich das trotzdem nicht gleich entschuldigen will.

Es geht um Open Data. Hier fange ich beim Unionsantrag ein bisschen an zu zucken, weil das der Moment ist, bei dem man das Gefühl hat, dass Sie sagen: Waschen Sie mich, aber machen Sie mich nicht nass. Was sind denn aus Ihrer Perspektive öffentliche und was private Unternehmen und Daten? Ist die Bahn als staatseigene Aktiengesellschaft öffentlich? Ist sie privat? Ich würde sagen: öffentlich. Wie verhält es sich mit Ioki? Das ist ein Subunternehmen der Bahn. Öffentlich oder privat? Daten offenlegen oder nicht? Was ist mit der Konkurrenz von Ioki MOIA? Die gehört dem VW-Konzern. Da würden wir jetzt wahrscheinlich sagen: privat. Aber VW gehört zu 20 Prozent Niedersachsen. Machen Sie da eine Zwischenregelung? Hierzu äußern Sie sich in diesem Antrag nicht. Das sind noch die leichten Beispiele. Wie ist es mit dem BerlKönig? 50 Prozent Daimler gewesen, 50 Prozent BVG. Was machen Sie damit?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Oder: Ein Landkreis in der Uckermark hat ein privates Busunternehmen beauftragt, in Templin fährt es öffentlich. Das eine Busunternehmen soll dann Daten veröffentlichen, das andere nicht? Das ist komisch. Da müssen alle Verkehrsdaten auf den Tisch, damit es funktioniert.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Und deswegen: Der Unionsantrag wird uns nicht helfen. Deswegen brauchen wir einen guten Gesetzentwurf und damit eine ordentliche Diskussionsgrundlage.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Michael Donth [CDU/CSU]: Dann macht doch mal!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Das ist eine nette neue Form, die Redezeit zu überziehen: sich anschließend umzudrehen und zu sagen, Entschuldigung, dass ich überzogen habe. Das ist auch gut.

Nächster Redner ist der Kollege Maximilian Funke-Kaiser, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)