Rede von Sascha Müller Entfernungspauschale

Sascha Müller MdB
21.04.2023

Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linke möchte anstatt der Entfernungspauschale ein Mobilitätsgeld an die Bürgerinnen und Bürger ausbezahlen.

(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Zugegeben, Sie sprechen hier einen durchaus wichtigen Punkt an; aber – das ist auch schon gesagt worden – Sie lassen wichtige Fragen leider offen.

(Zuruf des Abg. Christian Görke [DIE LINKE])

Auch die Ampelregierung will die Entfernungspauschale nach ökologischen und sozialen Kriterien umgestalten; das hat der Koalitionsausschuss letztes Jahr so beschlossen. Da hätten wir auch Ihre Erinnerung nicht gebraucht.

Um was geht es denn? Wie ist es gerade? Aktuell profitieren – das ist in Ihrem Antrag richtig formuliert – Menschen mit hohem Einkommen deutlich mehr von der Entfernungspauschale als Menschen mit geringerem Einkommen. Außerdem ist diese auch noch ökologisch blind.

Schauen wir uns ein Beispiel aus meiner Region an: Zwei Erwerbstätige sind beim gleichen Arbeitgeber angestellt, fahren mit der gleichen S-Bahn zur Arbeit. Sie wohnen beide in Heilsbronn im Landkreis Ansbach und steigen dort in die S-Bahn ein. Der Betrieb liegt im Südwestpark in Nürnberg. Sie fahren bis zum Bahnhof Nürnberg-Stein. Von dort laufen sie die restlichen 200 Meter zu Fuß. Der Weg zur Arbeit dauert rund 25 Minuten. Insgesamt beträgt der Arbeitsweg für beide rund 24 Kilometer. Bei 220 Arbeitstagen im Jahr ergibt das – mit ein bisschen erhöhter Pauschale für die letzten Kilometer – Werbungskosten von 1 654 Euro. Beide kommen also allein durch ihren Weg zur Arbeit über den Arbeitnehmerpauschbetrag von aktuell 1 230 Euro. Sie sind beide nicht verheiratet und haben keine Kinder.

Eine der beiden Personen arbeitet in der Geschäftsführung, zu versteuerndes Einkommen, sagen wir mal, rund 85 000 Euro im Jahr. Die andere Person arbeitet in der Fertigung, zu versteuerndes Einkommen rund 25 000 Euro. Nach der Logik unseres Steuersystems gilt ja: hohes Einkommen, hoher Grenzsteuersatz, niedriges Einkommen, niedriger Grenzsteuersatz. So weit, so gut. Bei der Entfernungspauschale heißt das nun bei 42 Prozent Grenzsteuersatz 695 Euro Steuerersparnis, bei 27,5 Prozent Grenzsteuersatz nur 455 Euro.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Wie viel Steuern zahlen Sie denn?)

Noch mal: Beide fahren mit der gleichen S-Bahn, beide haben den gleichen Arbeitsweg, beide haben die gleichen Mobilitätskosten.

(Christian Görke [DIE LINKE]: So ist es!)

Doch die Person, die mehr verdient, bekommt über die Steuererklärung 240 Euro mehr erstattet. Es ist also Zeit, hier etwas zu ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Und genau das passiert. Wir werden – es ist auch schon angesprochen worden – hier im Parlament und in den zuständigen Ministerien Reformvorschläge erarbeiten und diskutieren.

(Christian Görke [DIE LINKE]: Viel Zeit habt ihr nicht mehr!)

Sie haben es schon gehört: Wir sind bereits dran.

Es sind schon ein paar Punkte genannt worden, die in dem Antrag leider fehlen. Sie wollen, dass ein einheitlicher Betrag pro Kilometer ausbezahlt wird; das Nettoprinzip ist schon erwähnt worden. Heißt das dann, dass Ihr Mobilitätsgeld zusätzlich zum Arbeitnehmerpauschbetrag gewährt wird? Wird das in irgendeiner Weise verrechnet oder abgekoppelt? Was ist, wenn die Mobilitätsprämie vielleicht über dem Preis eines 49-Euro-Tickets liegt?

(Zuruf von der LINKEN)

Es bleiben eine ganze Menge Fragen offen, auch wenn Ihr Antrag im Grundsatz begrüßenswert ist. Wir werden das im Ausschuss sicherlich weiter vertiefen. Ich freue mich auf die Debatte.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Kay Gottschalk.

(Beifall bei der AfD)