Rede von Dr. Bettina Hoffmann Nachhaltigkeit und Innovation

24.06.2021

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Welt braucht frische Ideen, neue Konzepte, bahnbrechende Innovationen – anders werden wir die Nachhaltigkeitskrise nicht stoppen. Ein Innovationsprinzip brauchen wir dafür nicht. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass es den Schutz von Umwelt, Gesundheit und Verbraucherrechten aushebelt. Die Strategie, Innovation in einen künstlichen Widerspruch zum Vorsorgeprinzip zu stellen, um dieses zu schwächen, ist hinterhältig. Schade, dass die FDP dieses durchschaubare Spiel reiner Lobbyinteressen so gerne mitspielt.

Eine Politik, die sich an Vorsorge orientiert, schränkt innovative Forschung nicht ein. Im Gegenteil, das Vorsorgeprinzip setzt hohe Ansprüche und ist ein Innovationsmotor für nachhaltige Entwicklung.

Der Antrag ist ein Sammelsurium von Frustthemen der FDP, von Forderungen, die unsere Bürgerinnen und viele aus der Wirtschaft nicht teilen: von Gentechnik in der Landwirtschaft über ETS als Allheilmittel für Klimaschutz bis hin zu einer Relativierung der Ergebnisse der Luftschadstoffmessungen – alles verborgen unter dem Mäntelchen der Technologieoffenheit.

Ohnehin halte ich nicht viel vom Innovationspessimismus der FDP. Laut EU-Innovationsanzeiger liegt Deutschland europaweit in der Spitzengruppe der Innovatoren. Ich habe mit Dutzenden Start-ups, Familienunternehmen und der Industrie gesprochen. So gut wie alle wollen eine deutlich ambitioniertere Klima- und Umweltpolitik, weil es um Lebensqualität für alle geht! Viele fordern ein klares Ordnungsrecht und Vollzug auch im Sinne von Gerechtigkeit.

Es bleiben nur noch neun Jahre, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 zu erreichen. Mein Appell: Verschwenden wir keine Zeit damit, einander Ideologie vorzuwerfen. Wir müssen raus aus dem Silodenken der Ressorts und stattdessen gemeinsam die großen Transformationsfelder bearbeiten: Kreislaufwirtschaft, also mehr Wohlstand bei weniger Ressourcenverbrauch; Verkehrswende, also mehr Mobilität mit weniger Treibhausgasen; Agrarwende, also besseres Essen, aber mit weniger Leid und Schaden bei Tieren, Natur und Gesundheit. Dafür brauchen wir mehr denn je ein konstruktives Ringen um die besten Gesetze.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat – über alle Fraktionen hinweg – konkrete Vorschläge für die nächste Legislaturperiode gemacht. Wir schlagen vor, dass ein Nachhaltigkeits-TÜV alle Gesetze frühzeitig auf die Vereinbarkeit mit den SGDs testet und dabei von einem unabhängigen Gremium kontrolliert wird. Im Bundestag sollte Nachhaltigkeit durch einen eigenständigen Ausschuss stärker verankert werden. Lassen Sie uns an diesen Ansätzen gemeinsam weiterarbeiten! Ein Streit über Innovationen und Vorsorge ist einfach unproduktive Zeitverschwendung.