Rede von Dr. Bettina Hoffmann Nachhaltigkeit und Klima

Foto von Bettina Hoffmann MdB
29.09.2022

Dr. Bettina Hoffmann, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut und wichtig, dass wir heute diese Debatte zur Nachhaltigkeit führen. Ein Anlass ist die Woche der Nachhaltigkeit. Wir alle wissen aber: Was wir eigentlich brauchen, sind 52 Wochen der Nachhaltigkeit im Jahr.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir stecken tief in einer globalen Nachhaltigkeitskrise. Artensterben, Klimakrise, Umweltvergiftung und Vermüllung – das sind Symptome. Folgen sind auch die Flucht vieler Menschen und am Ende Kriege um Rohstoffe und um Land.

Es liegt in unser aller Verantwortung: Wir müssen und können die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen. Dafür müssen wir unsere Anstrengungen aber deutlich verstärken, und das ist das Ziel der Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Doch die Wirklichkeit holt uns ein. Die roten Linien unserer planetaren Grenzen sind bereits überschritten. Unsere natürlichen Lebensgrundlagen sind mehr denn je in Gefahr. Das Pariser Abkommen 2015 war sicher ein historisches Ereignis, erst recht unter dem heutigen Blickwinkel. Aber der weltweite Treibhausgasausstoß ist seitdem nicht gesunken. Hitze, Dürre, Hochwasser und Extremwetter gibt es immer häufiger. Das Artenaussterben ist nicht gestoppt – ganz im Gegenteil. Die weltweite Verschmutzung von Umwelt und Ozeanen mit Plastik und Schadstoffen nimmt immer größere Ausmaße an. Die Covid‑19-Pandemie hat uns immer noch im Griff. Weitere Pandemien stehen vor der Tür.

Und jetzt noch der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Er ist auch ein Angriff auf die mit der Weltgemeinschaft vereinbarten Nachhaltigkeitsziele: von der Verletzung der Menschenrechte über den Einsatz von Lebensmittel- und Energielieferungen als erpresserische Waffe bis hin zum Abfackeln von Erdgas zulasten von Klima und Umwelt.

Die großen Krisen unserer Zeit fordern uns wirklich heraus. Aber es muss spätestens jetzt allen klar sein: Wir müssen schneller, komplexer und international abgestimmter agieren, nicht ein Problem nach dem anderen lösen, sondern umfassend im Sinne aller 17 SDGs.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Leider zwingen uns heute noch die Fehler der Vergangenheit, Kohlekraftwerke aus der Reserve zu holen, LNG-Lieferungen zu organisieren und sogar die letzten Atomkraftwerke über den Winter in Bereitschaft zu halten – gegen alle Regeln der Nachhaltigkeit. Das ist bitter. Aber wir lassen uns nicht beirren: Mit Energieeffizienz, Energieeinsparen und einem beherzten Ausbau der Erneuerbaren gehen wir voran und holen unser Land aus der Abhängigkeit von fossilen Energien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sorgen dafür, dass niemand in Energiearmut fällt oder Strom- und Gassperren ausgesetzt ist. Wir schützen Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger vor explodierenden Preisen. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Bundesregierung ist angetreten als Zukunftsbündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Wir nehmen die internationale Verantwortung wahr und bringen die Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland voran – trotz oder gerade wegen der großen Herausforderungen. Wir konzentrieren uns auf sechs wichtige Transformationsfelder.

Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen, erstens am Transformationsfeld „Kreislaufwirtschaft“: Ungefähr die Hälfte aller globalen Treibhausgasemissionen, 90 Prozent des Artenaussterbens und auch die Wasserknappheit sind auf die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen zurückzuführen. Es geht deshalb darum, mit unseren Ressourcen möglichst schonend umzugehen, sie sparsam einzusetzen und so lange wie möglich im Kreislauf zu halten.

Die Bundesregierung hat sich daher das Ziel gesetzt, den primären Rohstoffverbrauch zu senken und geschlossene Stoffkreisläufe zu schaffen. In einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie werden wir gemeinsam mit allen Akteuren die bestehenden rohstoffpolitischen Strategien bündeln. Auch die Flut von Einwegplastik, die noch viel zu oft in der Umwelt landet, soll so bewältigt werden.

Das führt mich zum Transformationsfeld „schadstofffreie Umwelt“. Saubere Luft, gesunde Gewässer und intakte Böden sind überlebenswichtig für Mensch und Natur. Deshalb unterstützt die Bundesregierung das von der EU‑Kommission ausgerufene Null-Verschmutzung-Ziel und ergreift auf nationaler Ebene Maßnahmen für eine giftfreie Umwelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb bereiten wir einen Aktionsplan gegen hormonell schädliche Stoffe vor. Deshalb suchen wir nach Lösungen, um den Einsatz schädlicher und langlebiger Chemikalien wie PFAS zu reduzieren. Deshalb stimmen wir eine Nationale Wasserstrategie ab, die unter anderem dazu beitragen soll, dass unsere Seen, Flüsse und Meere wieder gesünder werden. Deshalb haben wir erstmals einen Meeresschutzbeauftragten der Bundesregierung benannt. Er wird auch die internationalen Bemühungen um ein Abkommen gegen die Vermüllung der Meere vorantreiben.

Unser Handeln muss auch und gerade in Krisenzeiten dazu beitragen, dass wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen besser schützen. Das verlangt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, aber auch die schlichte Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln.

Wir müssen und werden die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung insgesamt modernisieren. Wir wollen die Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitszielen erhöhen, sei es im Klima- und Biodiversitätsschutz, bei den Bürgerrechten und in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie selbst. Wir werden außerdem auf Fortschritte beim SDG-Gipfel 2023 drängen. Nur mit einer ambitionierten Umsetzung der Agenda 2030 werden die Lebens- und Entwicklungschancen dieser und künftiger Generationen besser als bisher gewahrt und die Krisen unserer Zeit bewältigt. Es kann gelingen. Das globale Engagement, besonders junger Menschen, für eine lebenswerte Zukunft stimmt mich sehr zuversichtlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Nachhaltigkeit heißt, die aktuellen Krisen anzugehen und dabei die langfristigen nicht aus den Augen zu verlieren. Die Woche der Nachhaltigkeit ruft das in Erinnerung. Daran will ich mit Ihnen arbeiten, nicht nur in dieser Woche, sondern in allen kommenden Wochen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Rainer Kraft.

(Beifall bei der AfD – Saskia Esken [SPD]: Sie dürfen zu Protokoll geben!)