17.05.2019

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während wir hier im Plenum sitzen, läuft in Tel Aviv der Eurovision Song Contest. Man kann diese Veranstaltung musikalisch bewerten, wie man will; aber es ist eines der erfolgreichsten Formate der Völkerverständigung und des kulturellen Austausches der letzten Jahrzehnte in Europa. Es kommen Künstlerinnen und Künstler aus Staaten zusammen, die Krieg gegeneinander führen. Deshalb ist das eine sehr besondere Veranstaltung. Dass BDS versucht, gegen exakt diese Veranstaltung einen Boykott zu organisieren, spricht Bände. Das sagt viel aus über den Charakter dieser Bewegung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

BDS will nicht nur diese Veranstaltung boykottieren. Sie gehen auch gegen Public-Viewing-Veranstaltungen vor. In Barcelona haben sie es sogar geschafft, dass ein Public Viewing abgesagt wurde. Sie haben in einer Darstellung den Davidstern aus dem Logo des Eurovision Song Contests beseitigt und durch eine SS-Rune ersetzt. Das ist schlicht unerträglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)

Diese Art der Gleichsetzung von israelischer Politik mit den Verbrechen, die es unter den Nazis an Jüdinnen und Juden, an Roma, an Homosexuellen und vielen anderen gab, hat nichts mehr zu tun mit Kritik an der israelischen Regierung. Das ist schlicht zynisch und menschenverachtend. Das müssen wir mit allem, was wir haben, zurückweisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Deshalb bin ich froh, dass wir als Deutscher Bundestag mit großer Mehrheit ein Zeichen gegen solche Aktionen und gegen diese Art von Antisemitismus setzen und dass wir mit Israel solidarisch sind, nicht nur aufgrund unserer Geschichte und der Verantwortung, die daraus erwächst, sondern auch aufgrund eines Bekenntnisses, das wir hier abzugeben haben, zu Menschenrechten und Meinungsfreiheit. Genau diese Meinungsfreiheit bekämpft ja die BDS-Bewegung, indem sie jede Debatte auszuschließen versucht. Diese Politik richtet sich nicht nur gegen die Jüdinnen und Juden. Diese Art von Boykott, diese Art von Politik und diese Art von Polemik richtet sich gegen alle Menschen in Israel, unabhängig davon, welcher Glaubensrichtung sie angehören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir stimmen diesem Antrag auch zu, weil wir Meinungsfreiheit und Debatte schützen wollen.

(Zuruf)

– Ja, das ist richtig. – Selbstverständlich gilt das auch für Kritik an der Regierungspolitik Israels in diesen Tagen. Und ja, es ist selbstverständlich auch erlaubt, darauf hinzuweisen, dass Palästinenserinnen und Palästinenser unter der israelischen Besatzung leiden, so wie sie auch unter Repressalien der eigenen Führung leiden.

Wir schreiben auch niemandem vor, welche Art von gewaltfreiem Widerstand zu wählen ist. Wir wollen Meinungsfreiheit für das gesamte Spektrum der Zivilgesellschaft, ob in Deutschland, in Israel oder in Palästina.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb lehnen wir selbstverständlich auch den Antrag der AfD ab.

(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Es ist nämlich mehr als durchsichtig, dass Sie mit diesem Antrag und mit dieser Rhetorik eigentlich nur versuchen, die schäbige Art und Weise, wie Sie mit den dunkelsten Zeiten unserer Geschichte umgehen, zu verwischen. Das werden wir nicht zulassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Denken Sie an die Redezeit, bitte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es ist auch ein sehr klares Signal, wenn Knesset-Mitglieder auf Reisen in Deutschland nicht bereit sind, sich genau mit Ihnen zu treffen, weil sie auf die Verschleierung Ihrer wirklichen Absichten,

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

zum Beispiel die Arbeit der GIZ oder der politischen Stiftungen zu zerstören, nicht hereinfallen.

(Jürgen Braun [AfD]: Unglaublich! – Weitere Zurufe von der AfD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Denken Sie bitte an die Redezeit.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir stehen auf der Seite der Demokratinnen und Demokraten überall und selbstverständlich auch auf der Seite derer in Israel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)