Leon Eckert
07.07.2023

Leon Eckert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Für viele Menschen ist das Meldeamt der erste Berührungspunkt mit der Verwaltung unseres Gemeinwesens. Dort bekommen wir als Kinder unseren ersten Ausweis, den Reisepass für langersehnte Reisen und treffen nach einem Umzug für die Ummeldung das erste Mal auf unsere Gemeinde, auf unseren neuen Markt, auf unsere neue Stadt. Deswegen ärgert mich als stellvertretenden Bürgermeister meiner Heimatgemeinde immer besonders, dass manche Kontakte mit der Verwaltung eben nicht so gut enden. Gerade in großen Städten wartet man ja sehr lange auf Termine. Gegebenenfalls muss man zwei machen, weil man zwei Vorgänge getrennt anmelden muss. Und dann muss man den Ausweis auch noch persönlich im Rathaus abholen – ein weiterer Gang, der nötig ist. Für viele Berufstätige ist das eine Erschwernis, gerade wenn in Rathäusern die Tage mit langen Öffnungszeiten gestrichen werden – das ist auch bei mir zu Hause schon passiert –, weil Mitarbeiter/-innen in der Verwaltung fehlen, sodass man am Donnerstag nicht bis 18 Uhr öffnen kann.

Auch wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung ihr Bestes geben: Es gibt einfach Dinge in unserem System des Meldewesens, die nicht mehr überall zeitgemäß sind. Für mich ist deshalb klar: Die Dienstleistungen unserer Verwaltung müssen für die Menschen in unseren Städten, Gemeinden, Märkten attraktiver werden, und dafür sorgen wir mit dem hier vorgelegten Gesetzespaket.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

In Zukunft wird es möglich sein, beantragte Ausweisdokumente auf dem Postweg zu erhalten, anstatt sie im Rathaus abholen zu müssen. Damit ersparen wir den Bürgerinnen und Bürgern einen zusätzlichen Behördengang. Die stark belasteten Rathäuser und Gemeindeverwaltungen entlasten wir, indem wir ihnen einen weiteren Kundentermin abnehmen. Vor allem Berufstätige profitieren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei Ummeldungen aufgrund von Umzügen erleichtern wir die Kommunikation zwischen den Behörden. Die neue Behörde darf ohne Zeitverzögerung und umständliche Freigabeprozesse auf die Ausweisdaten zugreifen. Das erleichtert den Verwaltungen die Arbeit und beschleunigt Prozesse. Ich weiß aus Gesprächen mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Rathaus, dass der eine oder andere – ich glaube, alle – im Bürgerbüro gerne Prozesse beschleunigen würde, die jetzt unnötig lange dauern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben den Erleichterungen für die Verwaltungsvorgänge stand auch eine Herabsetzung des Mindestalters für die Onlineausweisfunktion des Personalausweises von 16 auf 13 Jahren im Raum. Nicht nur wir Grüne im Bundestag hatten hier aber Bedenken. Auch die Expertinnen und Experten aus der digitalen Zivilgesellschaft äußerten sich regelmäßig, zum Beispiel in unserer öffentlichen Anhörung, sehr kritisch zum Altersverifikationsthema. Wir haben uns daher gegen die Herabsetzung der Altersschwelle des Onlineausweises von 16 auf 13 Jahre entschieden. Eine solche Herabsetzung würde nämlich ziemlich sicher dazu führen, dass die Onlineausweisfunktion auch zur Altersprüfung bei der Nutzung von Social Media und Messengerdiensten eingeführt wird. Was auf den ersten Blick danach aussieht, Kindern eine sichere Möglichkeit der Verifizierung zu geben, könnte aber eine bedenkliche Entwicklung in Gang setzen; denn strengere Regeln in der Altersverifizierung können im schlimmsten Fall dazu führen, dass mehr und mehr Apps auf eine generelle Ausweiskontrolle bestehen. Wenn wir diese Entwicklung begünstigen, gefährden wir auf lange Frist die Anonymität im Netz. Noch dazu bekommen Anbieter Zugriff auf sensible Daten. Vorfälle wie Hacks oder Datenlecks zeigen immer wieder, wie der laxe Umgang mit sensiblen Personendaten ausgehen kann.

Um zum Abschluss zu kommen: Ich bin davon überzeugt, dass mit der Modernisierung des Passwesens ein echter Fortschritt hin zu mehr Bürgernähe gelingen kann. – Herr Oster hat es gesagt: Wir nehmen sozusagen einen Weg auf. – Und man kann den Weg sicher auch weitergehen. Das haben wir ja jetzt gehört; auch die Entschließung weist darauf hin. Wir entschlacken Verwaltungsprozesse, die nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern in ihrer Lebensrealität begegnen und entlasten sie in der Zusammenarbeit mit den Behörden. Dabei beachten wir gleichzeitig Aspekte des Datenschutzes und wahren die Freiheits- und Grundrechte.

Ich halte diesen Entwurf für gelungen. Lassen Sie ihn uns beschließen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Manuel Höferlin [FDP])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Eckert. – Nächster Redner ist der Kollege Steffen Janich, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)