Rede von Stefan Schmidt Pfändungsschutz

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08.10.2020

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf bringt tatsächlich einige Verbesserungen. Die Vorrednerinnen und Vorredner haben das schon sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir kommen damit dem Ziel, Schuldnerinnen und Schuldner und ihren Familien auch nach einer Pfändung ein Leben in Würde zu ermöglichen und zu sichern, ein gutes Stück näher.

Umso unverständlicher ist für mich, weshalb Sie die Schlechterstellung von Patchworkfamilien und Stiefkindern zementieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Warum gehen Sie die längst überfällige Harmonisierung von Sozialrecht und Zwangsvollstreckungsrecht nicht endlich an? Wo vor einer Pfändung sozialrechtliche Einstandspflichten gegenüber nicht leiblichen Kindern bestehen, wird nach einer Pfändung so getan, als gäbe es diese faktischen Unterhaltsansprüche nicht. Dem Schuldner oder der Schuldnerin wird nur sein bzw. ihr persönlicher Grundfreibetrag eingeräumt. Dem Rest der Familie bleibt nur der Gang zum Sozialamt. Dabei heißt es auf der Webseite des Justizministeriums – ich zitiere –:

Es wäre widersinnig, wenn staatliche Organe den Schuldnern zugunsten des Gläubigers etwas wegnehmen, was anschließend der Staat mit Leistungen der sozialen Sicherungssysteme wieder ausgleichen müsste.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aber genau das passiert hier doch. Das hat auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme kritisiert. Auch Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer, Schuldnerberater haben diese Kritik vorgebracht. Schade, dass Sie das nicht umgesetzt haben. Aber, Frau Dilcher, ich habe Ihre Ankündigung mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen.

Neben dem P-Konto stimmen wir heute auch über den Antrag meiner Fraktion zum Basiskonto ab. Mit dem Basiskonto sollen sozial schwächere Menschen

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: „Einkommensschwache“ oder „sozial benachteiligte“! „Sozial schwächere“ sind ganz andere!)

wie Obdachlose, Geflüchtete oder Menschen mit niedrigen Einkommen Zugang zu einem Konto bekommen; denn nur wer ein eigenes Konto hat, kann Miete und Strom bezahlen und auch Zahlungen empfangen. Kurz: Ohne ein Konto ist man heutzutage aufgeschmissen. Vor der Einführung des Basiskontos wurde diesen Verbraucherinnen und Verbrauchern oft ein Konto verweigert. Sie waren für die Banken wirtschaftlich nicht interessant. Insofern war der Rechtsanspruch auf ein Konto für alle ein wichtiger Meilenstein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber was nutzt ein Rechtsanspruch auf ein Konto, wenn man es sich schlicht und ergreifend nicht leisten kann? Basiskonten kosten noch immer bis zu 250 Euro im Jahr und häufig auch mehr als ein normales Girokonto bei der gleichen Bank. Es kann doch nicht sein, dass Banken für ärmere Menschen höhere Gebühren nehmen als für Sie und für mich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das ist ungerecht. Das unterläuft ganz klar die Intention des Gesetzes, das wir vor vier Jahren verabschiedet haben. Und auch die Europäische Kommission überprüft bereits, ob Deutschland hier gegen europäisches Recht verstößt. Wir als Gesetzgeber müssen hier dringend nachbessern: Basiskonto zumindest immer als das günstigste Girokonto der jeweiligen Bank. Höhere Gebühren sind nicht angemessen.

Nutzen Sie die Chance, unterstützen Sie unseren Antrag, und sorgen Sie dafür, dass Menschen durch zu hohe Kontogebühren nicht länger von der Teilhabe am Wirtschaftsleben ausgeschlossen sind!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Stefan Schmidt. – Und der letzte Redner in dieser Debatte: Dr. Patrick Sensburg für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)