Planungs- und Genehmigungsverfahren

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14.05.2020

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Guten Abend, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen eine Lösung, damit Planungs- und Genehmigungsverfahren in der Coronakrise nicht ins Stocken geraten. Insofern ist die Intention Ihres Gesetzentwurfes richtig. Zeitverzögerungen beim Ausbau wichtiger Infrastrukturen, zum Beispiel im Energie- und Verkehrssektor, gilt es angesichts der Klimakrise zu vermeiden. Wir debattieren im Bundestag häufig darüber, wie wir durch gute Bürgerbeteiligung mehr Akzeptanz für Infrastrukturplanungen gewinnen können. Ich habe allerdings Zweifel, dass das Gesetz dazu beiträgt, dass das erfolgreich sein wird.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zum Beispiel Erörterungstermine und mündliche Verhandlungen durch OnlinekonsuItationen ersetzt werden können. Das würde aber voraussetzen – es ist schon angesprochen worden –, dass alle Menschen gleichermaßen Zugang zum Internet haben und über die notwendige technische Ausstattung verfügen; Gleiches gilt übrigens für die zuständigen Behörden. Leider entspricht das nicht der Realität. Solange der Zugang aller Menschen zu digitalen Verfahren nicht gewährleistet ist, dürfen diese nicht zur Regel werden, sondern sollten eine zusätzliche Möglichkeit während der Coronakrise darstellen.

Auch weiterhin müssen Beteiligungsformate vor Ort unter Beachtung der Infektionsschutzmaßnahmen möglich sein. Zahlreiche Covid-19-bedingte Beschränkungen sind mittlerweile aufgehoben oder zumindest gelockert worden. Wie will man den Bürgerinnen und Bürgern erklären, dass sie wieder ins Fitnessstudio gehen oder an Demonstrationen teilnehmen dürfen, aber Planungsunterlagen nicht in den Rathäusern ausliegen oder Erörterungstermine entfallen? Das ist nicht plausibel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gut ausgestaltete digitale Verfahren bieten zweifellos die Chance, Bürgerinnen und Bürger umfassend zu beteiligen. Es gibt auch bei den klassischen Beteiligungsverfahren einige Zugangshürden: Menschen sind beispielsweise nicht mobil, zeitlich eingeschränkt oder haben Schwierigkeiten, vor großen Menschengruppen zu sprechen. Hier kommen digitale Verfahren ins Spiel und bieten die Möglichkeit, sich zu beteiligen, vorausgesetzt, diese Angebote sind ausreichend barrierefrei.

Digitale und analoge Beteiligungsformate sollten daher zukünftig Hand in Hand gehen. Dazu müssen digitale Beteiligungsformate in der Praxis allerdings erst erprobt werden. Ich sehe durch die Coronapandemie durchaus eine Chance für die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren; insofern ist die Krise auch eine Chance. Wir sollten die digitale Beteiligung aber wissenschaftlich begleiten und evaluieren, damit die Verfahrensqualität sichergestellt ist und wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie alle Menschen künftig beteiligt werden können.

Wir brauchen dringend klare Leitfäden für die Behörden, aus denen hervorgeht, wie sie unter Beachtung der notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen bewährte analoge Termine weiterhin vor Ort abhalten können, damit eben nicht der Fall eintritt, dass man mit Hinweis auf die Coronakrise einfach auf Beteiligungsverfahren verzichtet. Wenn das die Intention des Gesetzes ist, wäre es verheerend.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Stephan Kühn. – Jetzt nähern wir uns dem letzten Redner in dieser Debatte und am heutigen langen Sitzungstag. Letzter Redner in der Debatte: Michael Kießling für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)