Rede von Christina-Johanne Schröder Planungs- und Genehmigungsverfahren

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

19.05.2022

Christina-Johanne Schröder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihren Antrag, liebe CDU/CSU-Fraktion, gelesen und dachte: Wow, die Union hatte einen echten Erkenntnisprozess.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie fordern den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität, den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und wollen damit die Versorgungssicherheit in Deutschland sichern. Sie wollen einen besseren Schutz vor Starkregen, Hochwasser und Dürre, also die Folgen des Klimawandels abmildern. Sie von der Union wünschen sich Straßen, die nicht von Schlaglöchern übersät sind, Brücken, die man nicht sperren muss, weil sie unter der Last des Verkehrs zusammenbrechen. Und damit es weniger Verkehr gibt, sollen der ÖPNV und die Schieneninfrastruktur ausgebaut werden. Dabei denken Sie nicht nur an diejenigen, die von A nach B kommen müssen, sondern auch an jene, die unter Lärm und Abgasen leiden.

Wir befinden uns inmitten einer großen Wohnungs- und Mietpreiskrise. Die wollen Sie durch mehr bezahlbaren Geschosswohnungsbau lösen. Nicht zuletzt fordern Sie in diesem Antrag, die landwirtschaftliche Nutztierhaltung umzubauen, damit Tiere nicht leiden, sondern sich entsprechend ihren Bedürfnissen – Platz, Licht und Luft – bewegen können. Liebe Kollegen der Union, das wollen wir auch.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Schön!)

Ich habe mich nicht gefragt, warum Sie in den letzten 16 Jahren diese Ziele nicht umgesetzt haben.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der Grund hat drei Buchstaben: S, P und D!)

Ich war vielmehr sehr daran interessiert, was Sie vorschlagen, und muss feststellen, dass wir das ganz gut mit der SPD umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ihre Lösungen sind halt beim Alten geblieben. Ihre zentrale Lösung, um die Planung in der Bundesrepublik zu beschleunigen, ist weiterhin die Beschneidung von Beteiligungsrechten. Bürger/-innen und Umweltverbände werden weiterhin als Planungsbremser/-innen abgewertet. Neu ist, dass die Beschneidung der Beteiligungsrechte mit ein bisschen Digitalisierung garniert wird.

Herr Bilger, Sie haben das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz erwähnt. Das hat nun ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik ausgelöst.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Deswegen eins auf europäischer Ebene!)

Dass dieses Gesetz gegen die Aarhus-Konvention verstößt, war schon während des Gesetzgebungsprozesses so gut wie klar. Das ist auch ein Versuch, Maßnahmen wie die Weservertiefung durchzudrücken, gegen die alle Parteien vor Ort sind und die ein normales Planfeststellungsverfahren nicht überleben würden. Wichtige Maßnahmen hingegen, die wir dringend brauchen, werden dadurch gestoppt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so wird das nichts.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Durch die Ampelregierung wurde der Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung bereits gestartet. Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen ist Chefsache bei uns. Das Kanzleramt durchforstet mit den Staatssekretären bestehende Gesetze, plant Verschlankungen und analysiert sachgerecht die Ursachen für zu lange Genehmigungsprozesse. Es ist beinahe nicht zu glauben, dass praktisch alle Gesetze zur Entbürokratisierung und zur Planungsbeschleunigung nicht sachgerecht evaluiert wurden.

Da kommen wir zu einer wesentlichen Frage dieser Debatte: Warum verzögern sich Planungen in Deutschland?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: SPD!)

Das ist wichtig: Es liegt nicht an der demokratischen Legitimation, an Bürger/-innen- und Beteiligungsrechten. Dieser Mythos gehört in den verstaubten Aktenschrank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dass schnelle Planung in Deutschland mit einer effektiv arbeitenden Regierung möglich ist, zeigen Gesetze, die wir aktuell beraten, zum Ausbau der erneuerbaren Energien und auch zu den LNG-Terminals, um Menschen im Winter eine warme Wohnung zu bieten und der Industrie die notwendige Prozesswärme.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Netzausbau vergessen! Nix zum Netzausbau!)

Wir werden die dialogische Kompetenz für Beteiligungsverfahren stärken und den Ländern und Kommunen die eigenen Beratungskapazitäten zur Verfügung stellen. Frühzeitige Verfahrenskompetenzen zwischen Vorhabenträgerinnen und ‑trägern, Anhörungs- und Genehmigungsbehörden werden grundsätzlich etabliert, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu minimieren. Behörden werden endlich mit der notwendigen Technik ausgestattet, damit Daten zur Kartierung und zum Artenschutz flächenübergreifend und lange nutzbar sind – und zentral zugänglich. Das Raumordnungsgesetz und das Baugesetzbuch werden modernisiert, und das nicht erst zum Ende der Legislaturperiode. Ein Grund für Verzögerungen in der Planung und Genehmigung ist sicherlich auch die personelle Ausstattung; deswegen ist eine Ausbildungs- und Fortbildungsinitiative ein zentraler Bestandteil der Planungsbeschleunigung.

Liebe Union, an 38 Punkten des Koalitionsvertrages wird die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen behandelt.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Koalitionsvertrag ist noch nicht gesetzt! – Zurufe der Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU] und Jens Spahn [CDU/CSU])

Wir messen dem einen hohen Wert zu, und wir werden das verlorene Vertrauen von Gesellschaft und Wirtschaft zurückgewinnen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

und zwar ohne Bürger/-innenrechte zu schleifen oder Schutzgüter infrage zu stellen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir sind gespannt! Wir sind gespannt!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)