Rede von Nina Stahr Qualität und Teilhabe in der Kita
Nina Stahr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Vor Kurzem habe ich mich mit einer Grundschullehrerin unterhalten, die eine erste Klasse unterrichtet. Sie erzählte: Nicht erst seit Corona, aber seitdem verstärkt kommen viele Kinder in die erste Klasse, die kaum eine Schere halten können, die nicht zählen können, die selten in einem Buch geblättert haben. – Sie tut, was sie kann. Sie möchte jedem Kind die Chance geben, all seine Potenziale zu nutzen, und doch: Vieles kann man in der Schule nicht mehr aufholen. Wenn wir Chancengerechtigkeit wollen, dann müssen wir viel früher ansetzen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist jetzt die Zeit, um in Kitaqualität zu investieren. Das machen wir mit dem KiTa-Qualitätsgesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb überweisen wir in den nächsten beiden Jahren knapp 4 Milliarden Euro an die Länder, legen dabei aber fest: In Zukunft müssen alle Länder den überwiegenden Teil der Mittel in Qualität investieren.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Überwiegend, genau!)
Diese Priorität auf Qualität ist die entscheidende Weiterentwicklung im Vergleich zum Gute-KiTa-Gesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: 49 Prozent in Beitragsentlastung! Das ist die Vertuschung!)
Ebenso wichtig ist: Die Länder können die Mittel für die Sprachförderung nutzen, die eine so wichtige Säule für die Entwicklung unserer Kinder ist.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Auch Vertuschung!)
Wir haben den Gesetzentwurf in den letzten Wochen intensiv debattiert und zwei Änderungen vorgenommen. Zum einen werden wir als Bund die Sprach-Kitas letztmalig für ein halbes Jahr finanzieren. So schaffen wir die Voraussetzungen, dass die Länder die Sprach-Kitas weiterführen können. Denn es liegt in ihrer Verantwortung, und ich kann es nur noch einmal wiederholen: Bitte sprechen Sie alle mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, dass sie diese Chance auch nutzen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Zum anderen streichen wir die verpflichtende Staffelung der Elternbeiträge. Ich gebe ehrlich zu: Als Fachpolitikerin fällt mir dieser Schritt nicht leicht; denn ich bin sicher, die Einkommensstaffelung ist eigentlich das zielgenaue Instrument, um Familien mit geringem Einkommen zu entlasten. Ich habe in den letzten Wochen genau das auch von vielen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern gehört. Jedoch halten sie eine bundesgesetzlich einheitliche Regelung nicht für zielführend. Klar ist: Ohne Kompromisse kommen wir nicht weiter. Deshalb gehen wir hier auf die Länder zu.
Frau Bär, vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich heute bis hierhin nicht einmal das Wort „Bayern“ erwähnt habe.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Aber jetzt! Aber jetzt!)
Denn ich glaube ernsthaft, es hilft nicht, wenn wir damit weitermachen, die Schuld immer zwischen Bund und Ländern hin- und herzuschieben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Dann hören Sie doch auf!)
Beide Seiten müssen hier ihren Beitrag leisten zum Wohl der Kinder in diesem Land. Mit den vorgenommenen Anpassungen sind wir einen großen Schritt auf die Länder zugegangen. Nun liegt der Ball bei den Ländern. Sie können und sie sollten am 16. Dezember dem vorliegenden Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmen.
Ich danke der Bundesfamilienministerin für diesen sehr guten Gesetzentwurf, mit dem wir die Weichen für mehr Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung stellen. Das ist der erste Schritt. Im nächsten werden wir zusammen mit den Ländern das KiTa-Qualitätsgesetz noch weiterentwickeln hin zu einem KiTa-Gesetz mit bundesweiten Qualitätsstandards. Denn jetzt ist die Zeit, um in die Kitaqualität zu investieren.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Nächste Rednerin ist Anne Janssen für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)