Rede von Katja Dörner Rechte von Kindern in der Corona-Krise

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14.05.2020

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Seit circa zwei Monaten ist für die Kinder in unserem Land nichts mehr normal. Mit den Kita- und Schulschließungen, den weitgehenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen ist für sie ein großer Teil ihres Alltags einfach weg. Freunde, Großeltern, Spielplatz, Sportverein, Jugendklub, Kino – weg. In dieser Situation brauchen die Kinder unsere ganz besondere Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Die Einschränkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen ist so viel größer, als vielen Älteren und vor allem ganz offensichtlich auch vielen politischen Entscheidungsträgern bewusst ist. Besonders problematisch finde ich: Noch immer ist die Situation der Kinder nicht zur Chefinnensache geworden; weder bei der Familienministerin und bei der Kanzlerin schon gar nicht. Das darf nicht so bleiben, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen. Die Kinder, ihre Rechte und ihre Bedürfnisse müssen endlich in den Mittelpunkt unseres Handelns gerückt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Bevölkerung gibt es ein gutes Gespür für die Auswirkungen der Krise. Die Deutschen sorgen sich laut „DeutschlandTrend“ am allermeisten um die Entwicklung der Kinder – zu Recht. Und ich verstehe nicht, dass die Bundeskanzlerin die Autobosse zum Krisengipfel einlädt, nicht aber die Kinderschutzverbände,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

und das, obwohl wir alarmierende Anzeichen für zunehmende Gewalt gegen Kinder, zunehmende Vernachlässigung durch in der Krisensituation manchmal eben besonders herausgeforderte Familien haben. Wir fordern, dass die Bundesregierung sich endlich für den Schutz von Kindern engagiert, durch einen Krisenfonds zur Stärkung von Notrufnummern, von Beratungseinrichtungen und Anlaufstellen für von Gewalt und Missbrauch betroffene Kinder und Jugendliche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Kinder brauchen Kinder. Wenn wir auf die Kitas schauen, heißt das: Kinder brauchen eine zeitnahe Öffnung und Ausweitung der Betreuungsangebote, selbstverständlich unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes. Wir müssen flexibel und auch innovativ sein. Wir schlagen beispielsweise vor, dass Familien die Betreuung im kleinen Kreis auch selbst organisieren dürfen, damit Kinder schnell ein Mindestmaß an Kontakten zu anderen Kindern haben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir können Kindern ihren Alltag nicht sofort zurückgeben; aber wir können und wir müssen diese Situation möglichst kindgerecht gestalten. Die Ausweitung der Betreuungsangebote einerseits und die Einführung eines Coronaelterngeldes andererseits wäre eine sehr kluge Mischung, um den Druck aus den Familien zu nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])

Denn dieser Druck, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist genau das, was Kindern schadet.

Es reicht eben nicht, die Entschädigungsregelungen nach dem Infektionsschutzgesetz zu verlängern, weil sie eben keinen Anspruch der Eltern auf Teilzeit beinhalten und weil sie ausdrücklich vorsehen, dass Homeoffice als eine Betreuungsoption gewertet wird. Und das muss einfach mal ganz klar sein: Homeoffice ist keine Betreuungsmöglichkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das können wir den Eltern nicht länger zumuten. Ich muss sagen: Eine Familienministerin, die meint, Homeoffice mit Kinderbetreuung sei zwar anstrengend, aber möglich, weiß offensichtlich nicht, wovon sie spricht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen ein Coronaelterngeld, und wir brauchen es schnell.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Ende.

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss. – Abschließend möchte ich auf den besonderen Unterstützungsbedarf von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf hinweisen.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin, bitte.

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Auch sie brauchen eine besondere Unterstützung. Wir müssen sicherstellen, dass die Integrationshelferinnen und ‑helfer weiter vor Ort sein können.

Bitte setzen Sie sich mit uns gemeinsam dafür ein, die Rechte der Kinder in dieser besonderen Situation zu wahren, und gehen Sie konstruktiv mit unserem Antrag um.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, müssen wir noch mal zu Tagesordnungspunkt 11 sowie Zusatzpunkt 13 zurückkommen. Die Fraktion der FDP hat mich nämlich darauf hingewiesen, dass sie dazu auch einen Entschließungsantrag vorgelegt hat, den Sie auf Drucksache 19/19181 finden. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Die FDP-Fraktion. Das ist nicht überraschend. Wer stimmt dagegen? – Das sind alle übrigen Fraktionen des Hauses. Enthaltungen? – Keine. Der Entschließungsantrag ist damit leider abgelehnt.

Ich rufe jetzt in unserer laufenden Debatte die nächste Rednerin auf: Nadine Schön für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)