Rede von Markus Tressel Regionale Wirtschaftsstruktur

04.03.2021

Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in unseren Regionen ist ein wichtiges Thema in dieser Wahlperiode, das sich die Bundesregierung auch selbst besonders auf die Fahnen geschrieben hat. Und die GRW, über die wir heute sprechen, ist eines der zentralen Förderinstrumente für unsere strukturschwachen Räume und damit ein Instrument, das zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse beitragen soll.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass es sich hier um die erste Gesetzesänderung am GRW-Gesetz seit 2015 handelt. Seit über 5 Jahren stand trotz großer und auch sich ändernder Herausforderungen in dieser Zeit keine Änderung auf der Tagesordnung.

Was haben wir in dieser Wahlperiode von der Bundesregierung zum Thema gleichwertige Lebensverhältnisse gesehen? Das Einsetzen der gleichnamigen Kommission und eine schleppende Umsetzung der Ergebnisse. Zu den Ergebnissen der Kommission zählt die Einführung eines gesamtdeutschen Fördersystems. Auch wenn hier zumindest Anzeichen erkennbar sind, dass die Notwendigkeit einer besser strukturierten Förderpolitik erkannt wurde, reichen diese Schritte unserer Ansicht nach nicht aus.

Ein Hauptinstrument dieses neuen gesamtdeutschen Fördersystems ist es, nicht abgerufene Mittel durch einen Wettbewerb zwischen strukturschwachen Regionen zu vergeben. Nun wissen wir aus Erfahrung, dass oft gerade die, die das Geld am nötigsten brauchen, nicht immer auch die sind, die die Möglichkeiten haben, solche Wettbewerbe am Ende auch zu gewinnen. Hier besteht die Gefahr, dass es weiter heißt: Wer hat, dem wird gegeben. – Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann am Ende ja nicht zielführend sein, wenn wir in die Regionen schauen, die da riesigen Bedarf haben.

Die Gemeinschaftsaufgaben sind ein zentrales Element zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Aber sie sind insgesamt nicht mehr ausreichend auf die heutigen Herausforderungen ausgerichtet. Da gibt es einfach vieles, was hinten runterfällt. Wir sollten deshalb vor einer grundsätzlichen Überarbeitung dieser Instrumente nicht zurückschrecken.

Wir haben in dieser Wahlperiode auch ein Konzept für die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Regionale Daseinsvorsorge vorgelegt, die bestehende Lücken in der Förderung schließen könnte. Wir brauchen hier insgesamt einen größeren Wurf, wenn wir den riesigen Herausforderungen, vor denen die strukturschwachen Räume stehen, etwas entgegenstellen wollen.

Zur heute vorliegenden Änderung des GRW-Gesetzes: Grundsätzlich befürworten wir, dass Projekte gerade für strukturschwache Regionen so gefördert werden, dass nicht einzelne Teilbereiche in der Finanzierung ein Projekt unmöglich machen. Gerade strukturschwache Kommunen können die Finanzierung ihres Eigenanteils nicht immer ausreichend gewährleisten. Wir wollen auch eine bessere Infrastruktur und nachhaltige und innovative Wirtschaft fördern.

Mit dieser Gesetzesänderung werden Mittel zur Förderung strukturschwacher Regionen in die Straßenertüchtigung, in den Straßenbau umgeleitet, der Etat wird aber insgesamt nicht erhöht.

Ja, man muss Gewerbe- und Industriegebiete gut anbinden, das ist völlig unstrittig. Ich habe aber Zweifel, dass die GRW da am Ende das richtige Instrument ist, zumindest ohne zusätzliche Mittel, zumal wir – das ist absehbar – über hohe Summen sprechen.

Ob diese Erweiterung der Fördermöglichkeiten im Straßenbau einen Beitrag zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse leisten wird, wie Sie das formulieren, habe ich Zweifel. Da mache ich drei große Fragezeichen! Aus diesem Grund werden wir uns bei der Abstimmung über diesem Gesetzentwurf auch enthalten.

Nun geht die Wahlperiode bald zu Ende, und wir werden sehr genau prüfen müssen, was die Koalition in der Umsetzung ihrer Versprechungen zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse erreicht hat. Ich fürchte, der große Wurf war da nicht dabei. Dazu bedarf es noch viel mehr Energie und auch tatsächlicher Innovation, auch in der Förderpolitik.