Rede von Markus Tressel Reisesicherungsfonds
Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem Reisesicherungsfonds liegt jetzt endlich eine Neuregelung der Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht vor, mit der – vor allem – die Verbraucher zuverlässig geschützt werden. Anderthalb Jahre nach der Insolvenz von Thomas Cook erfüllt Deutschland damit endlich auch die Vorgaben der EU-Pauschalreiserichtlinie.
Am zunächst vorliegenden Gesetzentwurf gab es viel berechtigte Kritik von Experten, aus der Branche und von Tourismuspolitikern aller Parteien. Vieles davon hat die Koalition mit ihrem Änderungsantrag aufgegriffen. Sie hat etliche handwerkliche Nachbesserungen vorgenommen und hinsichtlich des Kontrahierungszwangs für kleine Veranstalter und bei den Belastungen in der Aufbauphase des Fonds etwas nachgebessert.
Einige Kritikpunkte bleiben jedoch, und da wird sich aus unserer Sicht in absehbarer Zeit Nachbesserungsbedarf ergeben.
Zwar wurde die Umsatzgrenze für eine obligatorische Mitgliedschaft im Fonds auf 10 Millionen angehoben, was richtig war. Aber für Reiseveranstalter mit einem Umsatz zwischen 3 Millionen und 10 Millionen Euro ist keine Haftungsgrenze definiert. Ob sich unter diesen Bedingungen Versicherer finden, die bereits sind, diese Unternehmen abzusichern, ist mehr als fraglich. Ich bin mir jedenfalls nicht sicher, ob die Koalition den eher kleinen Unternehmen mit dieser Regelung wirklich weitergeholfen hat.
Überhaupt nicht angegangen wurde die Frage der Mitbestimmung im Reisesicherungsfonds. Der Gesetzentwurf sieht einen Beirat vor, der allerdings nur beratend wirken soll. Das wird nicht ausreichen! Der Reisesicherungsfonds wird faktisch ein Monopol bei der Kundengeldabsicherung haben. Durch die Festsetzung der Entgelte und Sicherheitsleistungen wird der Fonds gleichzeitig erhebliche Gestaltungsmacht im Pauschalreisemarkt haben. Es darf aus unserer Sicht hier aber gerade nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs kommen, indem zum Beispiel die Schadensrisiken bestimmter Geschäftsmodelle über- oder unterbewertet werden.
Dies gilt umso mehr, wenn die Gesellschafter des Fonds aus der Reisebranche kommen. Hier sind Querverbindungen zu den Reiseveranstaltern und damit Interessenkonflikte – selbst beim allerbesten Willen – nahezu unausweichlich. Deshalb muss sichergestellt werden, dass auch der Verbraucherschutz und kleine und mittlere Veranstalter eine starke Stimme im Reisesicherungsfonds haben.
Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag vorgelegt, mit dem wir den Beirat stärken wollen. Wir wollen sicherstellen, dass der Beirat regelmäßig zusammentritt und wir wollen, dass der Beirat die Grundsätze zur Entgeltbemessung genehmigt. Außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, bei der Genehmigung des Fonds dafür Sorge zu tragen, dass Interessenkonflikte bei den Gesellschaftern ausgeschlossen werden und dass die Betreiber des Fonds über ausreichende versicherungstechnische Kompetenz verfügen. Für diesen Entschließungsantrag bitte ich um Ihre Zustimmung!
Trotz unserer Bedenken werden wir dem Gesetzentwurf der Regierung und dem Änderungsantrag der Koalition zustimmen. Wir stimmen dafür, weil wir den Reisesicherungsfonds im Grundsatz für die richtige Lösung halten und weil sowohl die Verbraucher/‑innen als auch die Reisebranche endlich eine funktionierende Kundengeldabsicherung brauchen. Ein weiteres Rausschieben der Entscheidung hätte fatale Folgen für die Branche.
Eines muss aber klar sein: Wer auch immer in der nächsten Legislaturperiode die Verbraucherpolitik verantwortet, muss ein wachsames Auge auf den Reisesicherungsfonds richten und gegebenenfalls nachsteuern und zeitnah evaluieren. Es darf nicht so weit kommen, dass der Fonds zur Wettbewerbsverzerrung innerhalb der Branche führt und dass gerade die kleinen und mittelständischen Reiseveranstalter das Nachsehen haben.