Rede von Kai Gehring Religionsfreiheit

Bundestagsrede von Kai Gehring zum Thema Religionsfreiheit am 6.11. 2020

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06.11.2020

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verfolgung aufgrund der Religionszugehörigkeit gehört in vielen Ländern und Regionen leider zum bitteren Alltag. Der Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist dafür ein trauriges Attest, und das nehmen wir nicht hin. Als weltweit größte religiöse Gruppe werden Christen leider auch besonders häufig verfolgt. Dagegen müssen wir protestieren und vorgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, dass unser Wort noch mehr Gewicht hat, wenn wir nicht vorrangig oder sogar nur für bedrohte Christinnen und Christen streiten, sondern für das Prinzip „Religionsfreiheit für alle“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

In der chinesischen Provinz Xinjiang ist die Situation der muslimischen Uiguren hochdramatisch. Spätestens seit den „China Cables“ ist das Ausmaß der systematischen Menschenrechtsverletzungen an Uiguren bekannt. Die Regierung muss daher dringend ihre Leisetreterei gegenüber China beenden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland muss sich aktiv gegen jede Diffamierung und Verfolgung von Gläubigen, Glaubensgemeinschaften, religiösen Minderheiten, Konfessionswechslern und Konfessionslosen einsetzen, sowohl international als auch national. Artikel 4 unseres Grundgesetzes schützt die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Diese Freiheit darf im Alltag nicht brüchig werden. Wir müssen sie verteidigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Angriff auf die Synagoge in Halle vor einem Jahr und die Attacke auf einen jüdischen Studenten in Hamburg letzten Monat sind Symptome eines ekelerregenden wachsenden Antisemitismus. Auch muslimfeindliche Attacken häufen sich und dürfen nicht als Einzeltaten abgetan werden. Eine systematischere Analyse der Situation in Deutschland ist in künftigen Berichten daher dringend geboten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eine der größten Gefahren für das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist die fundamentalistische Instrumentalisierung von Religion. Die islamistischen Anschläge der letzten Wochen haben dies einmal mehr gezeigt: Paris, Nizza, Dresden, Kabul, Wien. Ob Synagoge, Universität oder Ausgehviertel, die Anschläge zielten ab auf Orte der Freiheit und der Pluralität. Wir gedenken der Opfer und stehen fest an der Seite ihrer Angehörigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Das betrifft auch den unfassbar brutalen islamistisch-schwulenfeindlichen Anschlag auf ein Paar in Dresden. Die Reaktionen darauf waren mir zu lange zu leise.

Was Opfern und Angehörigen nicht hilft, sind falsche Solidarisierungen derer, die friedliche Muslime und Islamisten gleichsetzen. Das ist falsch und zutiefst unanständig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Wir dürfen nicht zulassen, dass Fanatiker und Extremisten unsere Gesellschaft spalten. Die Antwort auf den Terror braucht solidarische Allianzen und mehr Empathie, einen wehrhaften und schützenden Staat und eine lebendige Zivilgesellschaft, oder – wie Papst Franziskus zum Anschlag in Wien sagte –: „Nur Liebe löscht den Hass aus.“

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Kai Gehring. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Volker Kauder.

(Beifall bei der CDU/CSU)