Rede von Markus Kurth Rentenversicherung

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20.10.2022

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Straubinger, es stimmt, dass die gesetzliche Rentenversicherung im Moment auf eine gut gefüllte Rücklage zurückgreifen kann und deswegen akut kein Anlass besteht, die Mindestrücklage anzuheben. Aber es schadet ja nie, in die Zukunft zu blicken und ein bisschen vorauszuschauen – auch mehrere Jahre. Dann stellen wir fest: Eine Mindestrücklage von 0,2 Monatsausgaben kann dazu führen oder wird sogar wahrscheinlich dazu führen, dass die Deutsche Rentenversicherung gezwungen sein wird, auf Liquiditätshilfen des Bundes zurückzugreifen. Diesen Fall hatten wir schon mal. Das ist lange her; das war vor fast zwanzig Jahren,

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ja, unter Rot-Grün, glaube ich! Und jetzt ist das bald wieder so!)

in meiner ersten Wahlperiode, wie ich mich noch erinnere.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Der Kurth erinnert sich! Die Regierungszeit seiner eigenen Partei!)

Keineswegs war an dieser Stelle die Zahlungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung infrage gestellt, aber natürlich überschlugen sich die Schlagzeilen in der Presse: Rentenversicherung ist pleite, kein Geld mehr da. – Eine enorme Verunsicherung der Rentnerinnen und Rentner war die Folge.

Um das zu vermeiden, ist eine Anhebung der Mindestrücklage grundsätzlich erst einmal sinnvoll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Da habe ich ja auch Sympathie gezeigt!)

Das hat die Rentenkommission der Großen Koalition, an der wir gar nicht beteiligt waren, deswegen auch nicht umsonst erkannt und aufgeschrieben.

Ich erinnere mich, auch wenn es schon ein bisschen zurückliegt, dass sich in der Anhörung zum Antrag der Linken auch die Sozialpartner einig waren, dass eine Mindestrücklage von 0,2 Monatsausgaben nicht genug ist. Ich habe dann die Arbeitgeberseite, die BDA, ganz ausdrücklich gefragt, ob denn eine Anhebung beispielsweise auf 0,3 Monatsausgaben plus eine bessere unterjährige Verteilung der Beiträge und auch eine möglicherweise daraus resultierende leichte Erhöhung des Beitragssatzes, wenn der Rückgriff erfolgt, um 0,1 Prozent für sie okay wäre. Das hat die Arbeitgeberseite deutlich bejaht.

Diese Anhörung – darum ist es gut, dass sie stattgefunden hat – hat sich die Ampelregierung durchaus zu Herzen genommen. Wir werden nach dem ersten Rentenpaket zusammen ja auch ein zweites Rentenpaket schnüren, samt einer Kapitalrücklage – vulgo Aktienrente – und einer Stabilisierung des Rentenniveaus. In diesem Zusammenhang werden wir auch die Mindestrücklage auf 0,3 Monatsausgaben anheben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Da sind wir mal gespannt! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Immerhin!)

Das ist etwas niedriger als das, was Die Linke vorschlägt, aber wir können darauf verzichten, sie auf 0,4 Monatsausgaben anzuheben, wenn, wie gesagt, die Liquidität unterjährig der Rentenversicherung zufließt.

Sie wissen alle: Die Rentenversicherung ist eine umlagefinanzierte Versicherung. Das macht sie volkswirtschaftlich sinnvoll und stabil. Deswegen muss aber auch der Geldfluss gut organisiert sein; denn das, was eingezahlt wird, wird auch sofort wieder ausgezahlt. Darum braucht es einen Liquiditätspuffer – eben diese Nachhaltigkeitsrücklage –, am besten, wie jetzt, sehr gut gefüllt. Wenn auch aufgrund des demografischen Wandels und der Veränderungen eines Tages im Laufe der 20er-Jahre auf den Mindestwert zugesteuert werden muss, dann sollte das Kissen so dick sein oder der Puffer so groß sein, dass die Deutsche Rentenversicherung nicht auf Liquiditätshilfen des Bundes angewiesen ist.

Um fünf vor zehn kann man das alles so schön technisch erklären; das war schön.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)