Rede von Jürgen Trittin Sanktionen gegen Iran
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Reden unserer rechten Antidemokraten anhört,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das sagt ein Maoist!)
dann braucht man eigentlich keine Tagesordnung. Es gibt dann nur noch einen einzigen Tagesordnungspunkt, nämlich dass Sie Ihre rassistischen, fremdenfeindlichen Reden wiederholen; das schaffen Sie immer wieder.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Am Montag wird auf Drängen von Annalena Baerbock das vierte Sanktionspaket gegen den Iran wegen der Unterdrückung der dortigen Bewegung verhängt. Angesichts immer neuer Hinrichtungen werden 18 Personen und diesmal 19 Organisationen auf die Sanktionsliste gesetzt. Das betrifft vor allem Funktionäre der Revolutionsgarden. Damit sind heute rund 70 Verantwortliche und über 20 Entitäten von Europa sanktioniert worden – im Wesentlichen auf Druck der deutschen Außenministerin, die offensichtlich doch ein bisschen mehr tut, als nur zu prüfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Das ist die geeinte Antwort Europas auf „Frauen, Leben, Freiheit“. Es war richtig, in den Mittelpunkt dieses Sanktionsregimes gerade die Revolutionsgarden zu stellen. Wer sich mal anschauen will, wie sie die Gesellschaft durchdringen, dem empfehle ich den sehr sehenswerten, preisgekrönten Film „Holy Spider“ über die Geschichte einer mutigen Journalistin, die einen von den Revolutionsgarden gedeckten frauenfeindlichen Massenmörder entlarvt.
Die zentrale Rolle, die die Revolutionsgarden im Herrschaftsapparat der Islamischen Republik spielen, ist der Grund, warum sie im Mittelpunkt unseres Sanktionsregimes stehen. Die Revolutionsgarden aber als Staat im Staate sind auch außenpolitisch aktiv. Sie sind zum Beispiel auch wegen ihres Einsatzes für das mordende Regime in Syrien sanktioniert. Sie wurden als Waffenlieferant für die Hisbollah seit 2010 gelistet. Es ist heute schon verboten, mit ihnen Geschäfte zu machen. Es gibt Einreisesperren. Sie sind rechtlich und politisch geächtet.
Nun hat Annalena Baerbock darauf gedrängt, zusätzlich zu dieser erfolgten Listung zu prüfen, ob die Revolutionsgarden in der Europäischen Union auch als Terrororganisation gelistet werden können. Die praktischen Folgen dieses wichtigen Schrittes sind überschaubar. Aber es geht eben um ein Signal.
Und nun liegt der Ball beim Juristischen Dienst des Europäischen Rates. Dieser beruft sich auf hohe Hürden, die es für eine Listung gibt. Das ist ja gut so: Wir sind eine Gemeinschaft des Rechts. Aber der Antrag auf eine solche Listung muss auch vom Europäischen Auswärtigen Dienst gestellt werden. Es bedarf dann für den Beschluss der Einstimmigkeit. Von beidem sind wir sehr weit entfernt. Herr Borrell, der Hohe Vertreter, sagt: Ich mache das nicht. – Und deswegen werden wir am kommenden Montag sehr muntere oder schwierige Diskussionen im Rat haben.
Das wissen natürlich auch der Kollege Röttgen und die CDU/CSU.
(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und es nützt überhaupt nichts, lieber Kollege, sich hier als Feminist zu kostümieren, um mit großer Geste durch offene Türen zu rennen. Das, was Sie fordern, hat die Bundesregierung schon auf den Weg gebracht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Aber eine Sache fand ich hochinteressant. Sie haben gesagt: Die Kommission ist schon viel weiter. – Ja, ich habe auch gesehen, wie Ursula von der Leyen das vor den Fernsehkameras in Davos gesagt hat. Nur, Sie hätten ein Weiteres hinzusagen müssen: Der Europäische Auswärtige Dienst ist ein gemeinsames Organ des Rates und der Kommission. Und wissen Sie, was nicht geht? Es geht nicht, als Europäischer Auswärtiger Dienst die Listung zu blockieren und in Davos in die Kameras zu lächeln und das Gegenteil zu fordern.
(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Die tapferen Iranerinnen und Iraner haben es nicht verdient, dass man ihnen etwas verspricht, was man selber verhindert. Das ist das Gegenteil von Unterstützung für die iranische Bewegung.
Die Bundesregierung ist weiter. Wir isolieren das Henkerregime des Iran. Wir sanktionieren die Verantwortlichen. Wir dokumentieren ihre Verbrechen, und wir streiten für eine Listung der Revolutionsgarden. So geht Solidarität mit dem Iran – Frauen, Leben, Freiheit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Die Kollegin Janine Wissler hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)