Rede von Sven-Christian Kindler Schlussrunde Haushalt 2024 und Haushaltsfinanzierung 2024

Foto von Sven-Christian Kindler MdB
02.02.2024

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser wirren, gefährlichen rechtsradikalen Rede von Herrn Brandner will ich klar sagen: Es ist sehr gut, dass die große Mehrheit in Deutschland das ablehnt. Die Mehrheit sagt deutlich: Wir wollen diese faschistischen Dystopien der AfD nicht.

(Stephan Brandner [AfD]: Hallo!)

Sie gehen auf die Straße für die Demokratie und gegen den Rechtsextremismus. „Nie wieder!“ ist jetzt. – Dafür sage ich großen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)

Wir beschließen heute den Bundeshaushalt 2024. Das ist eine gute Nachricht, weil wir nach einem längeren Verfahren jetzt endlich in unsicheren Zeiten soziale Sicherheit garantieren, weil wir wichtige Investitionen in Klimaschutz, in wirtschaftliche Transformation und in gute Arbeitsplätze finanzieren sowie Demokratie und Ehrenamt stärken. Es ist eine gute Nachricht, dass wir heute den Haushalt 2024 beschließen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Worum geht es beim Haushalt? Er ist ja nicht nur ein technisches Zahlenwerk, sondern die Grundlage für das Funktionieren unseres Gemeinwesens, die Grundlage für das Funktionieren unserer demokratischen Institutionen, also die Grundlage für das Funktionieren unserer Demokratie. Deswegen will ich an dieser Stelle etwas grundsätzlicher werden. Unsere Demokratie, wie sie im Grundgesetz angelegt ist, lebt vom Wettstreit der Ideen und von der Zusammenarbeit. Wir brauchen das Ringen um die beste Lösung, um konkrete Alternativen. Das grenzt es vom Populismus ab: Man hat es mit Argumenten und überprüfbaren Fakten zu tun und lässt sich davon leiten, wo wir besser werden können und was eigentlich zählt. Man schätzt ein, welche Idee sich am Ende durchsetzen wird. Am besten geht das natürlich beim Haushalt, wo man mit konkreten Zahlen und Fakten überzeugen kann. Ich bedauere sehr, dass sich die Union unter Friedrich Merz entschieden hat, sich diesem Wettstreit der Ideen in der Haushaltsdebatte zu entziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Yannick Bury [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

Sie haben leider in der entscheidenden Bereinigungssitzung, in der es konkret um den Einzelplan 60 und den Einzelplan 32 ging, Herr Bury, keinen einzigen Änderungsantrag gestellt. Sie haben keine konkreten Zahlen, keine konkreten Fakten, keine konkreten Alternativen vorgelegt und sich damit dem demokratischen Diskurs verweigert.

(Yannick Bury [CDU/CSU]: 258 Änderungsanträge!)

Das finde ich einer parlamentarischen Debatte und einer parlamentarischen Demokratie nicht angemessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Unsere parlamentarische Demokratie lebt nicht nur vom Wettstreit der Ideen, sondern auch von der konkreten Zusammenarbeit der Demokratinnen und Demokraten. So haben es die Mütter und Väter des Grundgesetzes vor 75 Jahren festgelegt, und so wird es auch jeden Tag in den Kommunen und den Bundesländern gelebt, wo demokratische Parteien unterschiedlicher Farben jeden Tag zusammenarbeiten und unsere Demokratie mit Leben füllen. Dafür bin ich dankbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Das System der Bundesrepublik Deutschland, so wie es im Grundgesetz angelegt ist, sieht eben keine dauerhafte harte Polarisierung vor. Wenn das passiert, schwächt es die Demokratie. Deswegen kann ich die Union nur auffordern, eine Zusammenarbeit zwischen Demokratinnen und Demokraten nicht grundsätzlich auszuschließen, so wie es Friedrich Merz am Mittwoch in der Generaldebatte angekündigt hat. Unsere Demokratie lebt doch vom Mitmachen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das haben wir ja versucht!)

Sie lebt davon, dass sich alle mit ihren unterschiedlichen Talenten einbringen. So lernen zum Beispiel Kinder und Jugendliche von Zirkuspädagogen und -pädagoginnen, dass jeder unterschiedliche Rollen hat und dass man durch gemeinsames Miteinander zum Gesamtkunstwerk beiträgt. Das gilt nicht nur für den Zirkus, sondern auch für die Demokratie. Es hat unserer Bundesrepublik Deutschland über Jahre und Jahrzehnte gutgetan, dass alle Demokratinnen und Demokraten zusammenarbeiten. Diese gemeinsame Zusammenarbeit brauchen wir jetzt, wo unsere Demokratie angegriffen wird, mehr denn je.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Konkret zum Haushalt und dazu, was wir im Parlament noch verändert haben. Wir haben an entscheidenden Stellen gegenüber dem Regierungsentwurf Verbesserungen umgesetzt. Dieser Haushalt trägt eine klare parlamentarische Handschrift. Wir heben das Bürgergeld an und stärken die aktive Arbeitsmarktpolitik. Wir unterstützen die demokratische Zivilgesellschaft, Freiwilligendienste und das Ehrenamt. Wir haben zum Beispiel 100 Millionen Euro mehr für den Kampf gegen Antisemitismus und für die Unterstützung jüdischen Lebens bereitgestellt, weil wir in Deutschland nie wieder akzeptieren dürfen, dass Jüdinnen und Juden hier Angst haben müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir haben auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hohe Investitionen vorgesehen: in den Klimaschutz, in die Wärmewende, in die Dekarbonisierung der Industrie, in natürlichen Klimaschutz sowie in die Ansiedlung von Chipfabriken. Wir sichern eine friedliche Zusammenarbeit in der Welt. Wir haben gegenüber dem Regierungsentwurf eine halbe Milliarde Euro mehr für humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt.

Was mir besonders wichtig ist: Wir stehen weiter zu unserer Solidarität mit der Ukraine. Wir unterstützen die demokratische Ukraine im Kampf gegen den Imperialisten und Kriegstreiber Wladimir Putin. Unsere Solidarität mit der Ukraine ist ungebrochen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

So ein Haushalt macht sehr viel Arbeit; das haben wir alle in den letzten Wochen und Monaten gesehen. Deshalb will ich am Ende Danke sagen: Danke an die Koalitionsfraktionen, an Otto Fricke und Dennis Rohde, Danke auch an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien, im Bundesfinanzministerium, in den Fraktionen und Abgeordnetenbüros. Es ist sehr wichtig, dass wir ihre Unterstützung haben, weil wir unsere Arbeit angesichts von Hunderten von Änderungsanträgen, die wir gestellt haben, sonst gar nicht schaffen würden. Ich will auch noch einmal Danke sagen für die gute Zusammenarbeit mit dem Ausschussvorsitzenden Helge Braun, der uns wirklich bravourös durch das Verfahren, auch in den Bereinigungssitzungen, geleitet hat. Es ist ein Gesamtkunstwerk, zu dem viele beigetragen haben. Dafür bin ich dankbar. Ich empfehle Zustimmung zu diesem Haushalt.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)