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26.11.2020

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer ohne nachvollziehbaren Grund einen Vertrag verweigert bekommen hat, merkt schnell: Wissen ist Macht. – Auskunfteien wie die Schufa haben Macht; denn sie wissen viel über uns. Dagegen wissen die Verbraucher, auch wenn sie es vielleicht einsehen können, wenig darüber, wie solvent oder vertrauenswürdig Unternehmen sind, mit denen sie Verträge schließen. Und wenn ein Unternehmen pleitegeht, bleiben die Verbraucher am Ende auf den Kosten sitzen. Das ist kein ausgewogenes Kräfteverhältnis, und das müssen wir dringend ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])

Das Projekt OpenSCHUFA hat bereits vor zwei Jahren aufgezeigt, wie machtlos Bürgerinnen und Bürger gegenüber Auskunfteien sind. Sie wissen nicht, wie und welche ihrer Daten wie gewichtet werden und warum ihnen Kredite gewährt oder Verträge verweigert werden.

Schon 2015 haben wir Grüne mit einem Gesetzentwurf mehr Transparenz und Regulierung beim Scoring gefordert. Auskunfteien sollten nur Daten speichern dürfen, die für die Bonitätsauskunft wirklich zwingend erforderlich sind, und Betroffene sollten auch jedes Jahr informiert werden, was über sie gespeichert wird, und sie müssen die Möglichkeit der Korrektur haben.

Man kann zwar jährlich eine kostenlose Selbstauskunft einholen. Aber haben Sie das schon mal versucht? „Leicht gemacht“ ist etwas anderes. Auf der Webseite der Schufa fallen einem nur kostenpflichtige Auskünfte direkt ins Auge. Die Möglichkeit der kostenlosen Auskunft ist irgendwie im Kleingedruckten versteckt. Deswegen fordern wir eine aktive jährliche Auskunft, am besten per Brief oder Zugang zu einer Internetplattform – die Digitalisierung macht das ja möglich –, auf der man die gespeicherten Daten dann auch einsehen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Die dreijährige Löschfrist sollte dringend überprüft werden; denn die negativen Folgen für Verbraucher wiegen schwer, wenn sie zum Beispiel Verträge für eine Wohnung oder Strom oder Gas nicht abschließen können. Die Speicherung der Erteilung der Restschuldbefreiung durch Auskunfteien muss daher deutlich verkürzt werden. Da waren sich bei der Anhörung auch alle Sachverständigen einig. Deshalb verstehe ich es auch nicht, dass die Bundesregierung dies zwar im Referentenentwurf zum Restschuldbefreiungsverfahren vorgesehen hatte, aber im Gesetzentwurf wieder gestrichen hat. Das müssen Sie uns vielleicht doch noch mal erklären.

Wir verlangen zudem eine stärkere jährliche Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden; denn Algorithmen, wie sie die Schufa einsetzt, müssen diskriminierungsfrei, überprüfbar und auch korrigierbar sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ziel muss ein fairer Interessenausgleich sein. Beim Antrag der Linken habe ich da auch Bedenken, wenn beispielsweise Bonitätsauskünfte bei Mietverträgen ganz verboten werden sollen. Denn Vermieter haben ein berechtigtes Interesse, Informationen über die Bonität ihrer potenziellen Mieter zu bekommen. Ein komplettes Verbot wäre verfassungsrechtlich auch bedenklich.

Scoring darf nicht ausufern. Und es wird gemunkelt – das wurde angesprochen –, dass an einem Datenpool bei Stromverträgen gearbeitet wird, mit dem wechselfreudige Kunden identifiziert werden können. So etwas darf nicht kommen und würde zudem der Idee der Liberalisierung des Energiemarktes auch komplett zuwiderlaufen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident in Claudia Roth:

Kommen Sie bitte zum Ende.

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es gibt also viel zu tun, um das Kräfteverhältnis zwischen Auskunfteien und Verbrauchern geradezurücken.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident in Claudia Roth:

Vielen Dank, Tabea Rößner. – Als letzter Redner in dieser Debatte redet der ehrenwerte Paul Lehrieder für die CDU/CSU.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)