Rede von Dr. Konstantin von Notz Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen

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05.11.2020

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ankündigung der Bundesregierung, Passbilder zukünftig nur noch auf der Amtsstube von der Bundesdruckerei anfertigen zu lassen, hat hohe Wellen geschlagen. Unsere Anhörung am vergangenen Montag, Herr Lindh – trotz Blumenhemd –, die die GroKo nicht wollte, hat noch mal gezeigt, warum das so ist: Diese Reform hat eigentlich nur Verlierer, außer einem Staatsbetrieb; der ist Gewinner. – Dennoch oder vielleicht gerade deshalb halten die Bundesregierung, die Union und die SPD unbeirrt an diesem Vorhaben fest. Das ist schlecht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schlecht ist es; denn in der Anhörung wurden unsere maßgeblichen Kritikpunkte noch mal bestätigt.

Erstens. Die sicherheitspolitische Notwendigkeit – und damit der Kern Ihres Gesetzes – konnte nicht belegt werden. Wie viele Morphing-Fälle gibt es in Deutschland pro Jahr? Niemand weiß es. Es heißt, es ist eine einstellige Zahl; aber niemand konnte es sagen, und niemand weiß es genau. Deswegen steht die Frage, warum man das überhaupt macht, weiter im Raum.

Zweitens. Ein funktionierendes, sicheres System wird insofern ohne Not infrage gestellt, und es wird in die Wettbewerbsfreiheit von eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieben eingegriffen – bei vielen, vielen Beteiligten. Und das ist schlecht.

Drittens. Die Bundesdruckerei wird in eine Rolle gedrängt, die sie voraussichtlich nicht wird ausfüllen können oder wollen. Aber als Monopolist ist das ja nicht so schlimm.

Die Folgen dieses merkwürdigen Eifers der Großen Koalition: Die Kommunen verlieren erstens relevant Einfluss und Einnahmen. Zweitens. Die öffentliche Hand muss mindestens 171 Millionen Euro zahlen. Und drittens. Für die Bürgerinnen und Bürger wird es teurer, nämlich zusätzlich mindestens 6 Euro pro Ausweis.

Der einzige Gewinner dieser Reform ist die Bundesdruckerei, bei der es – und das ist interessant, da wir über zertifizierte BSI-Geräte sprechen; Herr Lindh, da haben Sie recht – bislang keine solchen Geräte gibt; deren Geräte sind bisher nicht BSI-zertifiziert. Außerdem ist unklar, ob die Bundesdruckerei in der Fläche den Service überhaupt leisten kann, der im Augenblick von privaten Unternehmen geleistet wird.

All diese Befürchtungen wurden in der Anhörung untermauert.

Und was machen Sie? Die einzige Neuerung, die Sie hier halbgar zu verstecken versuchen, ist ein nochmaliger Entschließungsantrag, den Sie allein im Ausschuss gestellt haben, damit die Kritik aus den eigenen Reihen während der abschließenden heutigen Beratung nicht allzu sichtbar wird. So geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eben keine gute Gesetzgebung – trotz Blumenhemd. Und dass die vielen negativ Betroffenen das zynisch finden, verstehe ich.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. von Notz.

Der Kollege Hans-Jürgen Irmer, CDU/CSU-Fraktion, hat seine Rede zu Protokoll gegeben.

Deshalb schließe ich die Aussprache.