Schahina Gambir MdB
19.01.2024

Schahina Gambir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern Sie sich noch an Ihren 18. Geburtstag?

(Beatrix von Storch [AfD]: Der ist bei Ihnen ja noch nicht lange her!)

Dieser Tag ist für die meisten Menschen ein echter Meilenstein. Auch für mich hat sich das Jahr, in dem ich 18 wurde, fest in meiner Erinnerung verankert. Das lag allerdings weniger an meinem Geburtstag, sondern vielmehr daran, dass ich mit 18 endlich eingebürgert wurde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Nachdem ich bereits 15 Jahre in Deutschland gelebt hatte, war das ein echter Befreiungsschlag. Endlich ein eigener Personalausweis, rechtliche Gleichstellung und echte Teilhabe. Endlich keine Angst mehr vor Unsicherheiten beim Aufenthalt und die Gewissheit, meine Zukunft aktiv gestalten zu können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich hatte das Gefühl von Freiheit, Zugehörigkeit und auch Stolz darauf, die hohen Hürden der Einbürgerung bewältigt zu haben. Denn entgegen einigen Behauptungen wird die Staatsbürgerschaft mit dieser Reform weder verramscht noch leichtfertig vergeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Einbürgerung ist ein Zeichen der Anerkennung für Menschen, die seit Jahren zu Deutschland gehören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wer Teil unserer Gesellschaft ist, muss auch wählen und gewählt werden können,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Nein, muss er nicht! – Weitere Zurufe von der AfD: Nein!)

als vollwertiges Mitglied mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Wann ist man Teil der Gesellschaft? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!)

Die Einbürgerungszahlen in Deutschland halten derzeit nicht mit der Realität einer vielfältigen Gesellschaft Schritt. Der Ausschluss von der politischen Partizipation stellt nicht nur für die Betroffenen eine Benachteiligung dar,

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Es gibt ja die politische Partizipation zu Hause!)

sondern ist auch ein echtes Defizit unserer Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Heute machen wir einen bedeutenden Schritt mit der langersehnten Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts. Wir folgen mit der Verkürzung der Einbürgerungsfristen dem internationalen Trend.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nein, ganz im Gegenteil! Schauen Sie doch nach Frankreich!)

Wer die Voraussetzungen erfüllt, sollte nicht länger warten müssen als notwendig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Mehrstaatigkeit ist Teil der Lebensrealität vieler Menschen, und auch das erkennen wir mit dieser Reform endlich an. Durch eine erleichterte Einbürgerung honorieren wir auch die Lebensleistung der sogenannten Vertrags- und Gastarbeitergeneration.

(Rasha Nasr [SPD]: Endlich!)

Zudem werden wir die Einbürgerungspraxis von Staatenlosen verbessern – ein wichtiges, wichtiges Signal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Bei den von uns angestrebten Verbesserungen für Personen, die unverschuldet ihren Unterhalt nicht selbstständig bestreiten können, hätten wir uns als Grüne ganz klar mehr gewünscht. Die Möglichkeit der Ermessenseinbürgerung für diese Menschen stellt einen Kompromiss dar. Hier gilt es, zukünftig ganz genau hinzuschauen, zu evaluieren und nach Möglichkeit nachzujustieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Ich komme zum Schluss. Die Gestaltung unserer Einwanderungsgesellschaft und die Herstellung gleichberechtigter Teilhabe aller gehören zu den großen Zukunftsaufgaben. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt, dient der Integration und macht das Land demokratischer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es liegt also im öffentlichen Interesse, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie wirklich zum Schluss, bitte.

Schahina Gambir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– die Einbürgerung zu erleichtern. Daher bitte ich um Zustimmung für diesen Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Wirth, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)