Rede von Tabea Rößner Starke Demokratie, handlungsfähiger Staat und nachhaltige Finanzen

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16.09.2020

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unterliegen Bordbistros im ICE dem Staatsgeheimnis? Das ist eine absurde Frage. Nicht so für Bundesverkehrsminister Scheuer! Mit Verweis auf das Betriebsgeheimnis der Bahn verweigert er einem Oppositionskollegen eine Antwort zur Funktionsfähigkeit der Zugbistros. Das ist grotesk.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])

Es sagt aber auch einiges über das Demokratieverständnis dieses Bundesministers aus. Er gibt den Parlamentarismus nicht nur der Lächerlichkeit preis, er unterläuft damit das parlamentarische Fragerecht und gefährdet damit die Demokratie. Das darf nicht sein!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr denn je wird unsere freiheitliche Demokratie herausgefordert: Verschwörungstheorien, Desinformation, Hass und Hetze zeigen ihre Wirkung – wie in Halle oder in Hanau. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und rechtsextremistische Gewalt ziehen Blutspuren durchs Land. Dieser Entwicklung müssen wir mit aller Vehemenz entgegenwirken. Da stehen wir alle in der Verantwortung, und der Staat in ganz besonderem Maße.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere freiheitliche Gesellschaft lebt vom Austausch der Argumente und der Meinungen. Dieser gesellschaftliche Diskurs ist das Lebenselixier unserer Demokratie. Für den freien Meinungsbildungsprozess ist eine informierte Gesellschaft essenziell. Deshalb muss der Staat die Voraussetzungen dafür schaffen: durch Bildung, durch Rechtsstaatlichkeit, durch Transparenz, durch die Wahrung der Grundrechte und öffentlichen Güter.

Eine lebendige Zivilgesellschaft, eine freie Wissenschaft, Kultur und Medien sind wichtige Akteure für eine informierte Gesellschaft, sie spielen eine entscheidende Rolle für die demokratische Kontrolle. Es gilt daher, diese Akteure zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir machen dazu konkrete Vorschläge: für ein Demokratiefördergesetz, das angesichts von verschwörungsideologischen Protesten in der Coronapandemie noch wichtiger geworden ist. Damit sollen zum Beispiel Initiativen in der Demokratiearbeit nachhaltig finanziert werden.

Wir beantragen auch die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes, um echte Transparenz staatlichen Handelns herzustellen. Deshalb haben wir auch einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Journalistinnen und Journalisten das Recht auf Auskunft und Akteneinsicht bei Bundesbehörden gewährt, damit sie ihre Aufgabe als Public Watchdog auch wirklich erfüllen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Journalisten sollen nicht erst klagen müssen, um von Bundesbehörden Informationen zu erhalten. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, über die Nazivergangenheit ehemaliger BND-Mitarbeiter zu erfahren oder über die Ergebnisse eines Glyphosat-Gutachtens, das von einer Bundesbehörde in Auftrag gegeben wurde.

Mit fadenscheinigen Begründungen wird die Herausgabe von Informationen immer und immer wieder verweigert. Das erschwert nicht nur die Arbeit von Journalistinnen, es schadet der Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der digitale Wandel stellt die Medien vor große Herausforderungen; da sollte der Bund ihnen nicht noch Steine in den Weg legen. Im Zweifelsfall ist die Erfüllung eines Medienzugangsrechts bei Bundesbehörden hilfreicher für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten als irgendwelche Zustellförderungen.

2016 haben wir Grüne bereits einen Gesetzentwurf für ein Presseauskunftsrecht vorgelegt und ihn jetzt noch einmal verbessert. Nun stehe ich wieder hier, und wir sind noch immer keinen Deut weiter. Laut Koalitionsvertrag wollten Sie die Auskunftsrechte der Presse stärken. Die Bundesregierung sitzt das mit Ignoranz aus. Und die SPD kündigt dauernd einen Gesetzentwurf an, den keiner kennt. Nehmen Sie unseren!

Wenn Sie mit Open Data und einem Transparenzgesetz von sich aus mehr Informationen veröffentlichten, dann gäbe es auch weniger Klagen und Auskunftsgesuche, Sie hätten weniger Arbeit, und die Demokratie würde deutlich gestärkt werden.

Sie haben von uns gute Vorschläge auf dem Tisch. Um mit Goethe zu schließen:

Der Worte sind genug gewechselt,Laßt mich auch endlich Taten sehn!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Vielen Dank, Frau Kollegin Rößner. – Ich erteile jetzt das Wort der Bundesministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])