Antriebsarten von Kraftfahrzeugen

22.02.2019

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ausgerechnet die beiden Parteien, die AfD und die FDP, die sich gegen den Ausstiegskompromiss der Kohlekommission stellen, die vor Ort den Ausbau erneuerbarer Energien blockieren, wollen klimafreundliche Mobilität mit Kraftstoffen sichern, die auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt werden. Das ist schon erstaunlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wegen der enormen Energieverluste bei der Umwandlung von Strom in synthetische Kraftstoffe und der hohen Kosten, die dabei entstehen, wäre das die mit Abstand teuerste Variante klimafreundlicher Mobilität.

(Widerspruch bei der FDP)

Die Kosten für E-Fuels liegen laut einer Studie im Auftrag des VDA derzeit bei 4,50 Euro pro Liter Dieseläquivalent. Derzeit gibt es nur einige Demonstrationsanlagen, aber keine industrielle Förderung.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Mein Gott! Keine Ahnung!)

Aber die AfD suggeriert: Wenn eine Steuerbefreiung für E-Fuels käme, könnten morgen Autos mit Verbrennungsmotor – Zitat – „problemlos auch mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden“. Meine Damen und Herren, Sie wollen die Bürger hinters Licht führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Karlheinz Busen [FDP]: Dummes Zeug!)

Selbst die Prognosen in den Auftragsstudien der Mineralölwirtschaft zeigen: Die Erzeugungskosten für E-Fuels werden auch 2030 noch deutlich höher sein als die Kosten für Benzin und Diesel. Die AfD will also die Mobilität für die Menschen richtig teuer machen. Wir Grüne wollen das nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei der AfD)

Auch der zusätzliche Strombedarf wäre immens. Für das Fahren mit E-Fuels müsste fünfmal so viel Strom eingesetzt werden, wie wenn der Strom direkt in rein batterieelektrischen Fahrzeugen eingesetzt und damit die Infrastruktur effizient genutzt wird.

(Felix Schreiner [CDU/CSU]: Die Grünen wollen gar nichts verbieten!)

Eine Studie der Agora Verkehrswende zeigt: Würde der Verkehrssektor vor allem mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral umgebaut, könnte allein der Strombedarf des Verkehrs in Deutschland im Jahr 2050 bei etwa 900 Terawattstunden liegen. Dieser Bedarf übersteigt die gesamte derzeitige Bruttostromerzeugung in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das muss auch nicht in Deutschland hergestellt werden!)

Wo soll der Strom herkommen? Diese Frage können Sie nicht beantworten. Sie schaffen nur neue Importabhängigkeiten.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Jung aus der FDP-Fraktion?

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein.

(Zuruf von der FDP: Er will nur ablesen!)

In der Debatte ist mehr Augenmaß notwendig. Wir werden flüssige synthetische Brennstoffe aus Ökostrom brauchen. Aber wegen der beschriebenen Nachteile sollten sie nur dort zum Einsatz kommen, wo wir mit der Elektromobilität an Grenzen stoßen, also insbesondere im Flug- und Seeverkehr.

Die FDP, zu der ich jetzt kommen möchte, ist ebenso schräg unterwegs wie die AfD. Sie wollen fossile Kraftstoffe durch einen anderen, nämlich Erdgas, ersetzen, während alle namhaften deutschen Automobilhersteller längst innovative elektrische Antriebe im Angebot haben. Mit so einer Strategie würden wir weder die Klimaschutzziele erreichen noch könnten unsere deutschen Automobilfirmen im internationalen Wettbewerb bestehen. Zum Glück sind unsere Hersteller deutlich klüger und investieren mit ehrgeizigen Zielen in die Elektromobilität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach dem Lesen des Antragstextes kann ich Ihnen empfehlen: Informieren first, Antrag schreiben second.

(Heiterkeit der Abg. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich verteidige ungern die Regierung, aber in diesem Fall muss ich es mal tun: Es stimmt einfach nicht, dass die staatliche Förderung sich nur auf Elektromobilität konzentriert. Die staatliche Förderung sieht auch den Aufbau von Wasserstofftankstellen vor, ist also technologieoffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Lukas Köhler [FDP]: 20 sind gebaut worden im letzten Jahr! 20!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, achten Sie auf Ihre Redezeit.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss. – Anders als es in Ihrem Antrag steht, sind die Gespräche des Trilog-Verfahrens zu den CO 2 -Grenzwerten für Pkw und Lkw in Brüssel längst abgeschlossen. Sie sind einfach zu spät dran. Wenn Sie uns verkehrspolitisch herausfordern wollen, dann müssen Sie etwas früher aufstehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)