Rede von Dr. Danyal Bayaz Steuern

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09.09.2020

Dr. Danyal Bayaz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mache da weiter, wo der Kollege Liebich – übrigens, so schnell wird man Finanzpolitiker – aufgehört hat; denn es war tatsächlich eine der ersten Entscheidungen der neugewählten Regierung in dieser Legislatur, einer gemeinsamen europäischen Steuer für große Digitalkonzerne die Unterstützung zu versagen. Für den Finanzminister war es erfolgversprechender, auf Ebene der OECD eine Einigung darüber zu erzielen, wie wir US-amerikanische, zum Teil chinesische Weltkonzerne angemessen besteuern können.

Das Ergebnis heute: Donald Trump und die USA verhandeln auf OECD-Ebene nur noch über den Teil einer globalen steuerlichen Neuordnung, der in ihrem eigenen Interesse ist, und die Besteuerung digitaler Unternehmen gehört nun mal eben nicht mehr dazu. Bisher gibt es keine Einigung der OECD zu irgendeinem Verhandlungspunkt zur Weiterentwicklung der sogenannten BEPS-Beschlüsse von 2015.

Gleichzeitig ist es so, dass die Bundesregierung die europäische Ratspräsidentschaft ungenutzt verstreichen lässt. Sie könnten sich innerhalb der Europäischen Union dafür einsetzen, dass es jetzt endlich eine einheitliche, eine angemessene Steuerregel für die Amazons und Apples dieser Welt gibt – gerade für diejenigen, die in der Coronakrise extrem profitiert haben. Aber weil sich da nichts tut, droht ab nächstem Jahr eine Zersplitterung des europäischen Binnenmarkts durch viele unterschiedliche nationale Digitalsteuern. Meine Damen und Herren, Europa ist dann stark, wenn es zusammensteht. Aktuell steht der Finanzminister auf der Seite der Integrationsbremser, und das ist die falsche Seite.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie hängt das mit dem Abkommen von heute zusammen? Die letzten OECD-Beschlüsse zur Verhinderung von Steuervermeidung von Unternehmen sind jetzt schon fünf Jahre alt. Die Beschlüsse waren ein Meilenstein; keine Frage. Sie sind aber bei Weitem nicht überall und nicht in allen Doppelbesteuerungsabkommen umgesetzt. Auch das Mehrseitige Übereinkommen, über das wir heute sprechen, umfasst lediglich Vereinbarungen mit 14 Staaten der OECD – wohlgemerkt: bei 137 Verhandlungspartnern –, und zusätzlich müssen noch viele andere Doppelbesteuerungsabkommen bilateral angepasst werden. Ganz ehrlich: Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann wird das in den nächsten Jahren nichts, meine Damen und Herren.

Deswegen ist klar, dass der Weg zu einer weltweiten Steuerrevolution, wie ihn die OECD gehen möchte, ein sehr, sehr weiter ist. Ich wünsche mir, dass er schnell gegangen wird; aber ich bin eben auch Realist. Ich wünsche mir, dass wir zeitgleich die europäische Integration auch in Steuerfragen stärker vorantreiben. Ein Binnenmarkt von dieser Größenordnung hat ja auch das Potenzial, Standards zu setzen. Sollten sich die OECD-Staaten nicht einigen können, so hätten wir immerhin eine gemeinsame Antwort aus Europa. Deswegen unser Appell: Nutzen Sie die Ratspräsidentschaft, und setzen Sie sich für mehr Steuergerechtigkeit in Europa ein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Ich begrüße ganz herzlich im Hohen Haus und erteile ihr das Wort: Kollegin Dorothee Martin, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)