Rede von Katja Keul Studium der Rechtswissenschaft

17.10.2019

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Die Herren Goethe oder Bismarck haben zu ihrer Zeit etwa drei Jahre das Studentenleben genossen, dabei noch mehrmals den Studienort gewechselt und dann mal eben die juristische Staatsprüfung abgelegt. Seitdem sind Berge von Gesetzen und Rechtsprechung schier in den Himmel gewachsen. Zu meiner Zeit – vor 30 Jahren – konnte man bei einiger Disziplin noch gerade so in etwa fünf Jahren das Studium auch ohne gewerbliches Repetitorium bewältigen. Inzwischen ist auch das nicht mehr möglich. Auch der Aufbau des Studiums hat sich verändert, etwa durch die Einführung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung und von Schlüssel- und Fremdsprachenqualifikationen.

Wir sind der Auffassung, dass der vorliegende Gesetzentwurf mit der Verlängerung der Regelstudienzeit auf fünf Jahre – insbesondere mit Blick auf die BAföG-Förderungshöchstdauer – ein berechtigtes Anliegen verfolgt. Die Erweiterung der Regelstudienzeit darf aber nicht zum Anlass genommen werden, die Studieninhalte und den Prüfungsstoffes noch weiter aufzustocken, denn dadurch würde der beabsichtigte Entlastungseffekt für die Studierenden gleich wieder zunichtegemacht. Es sollte vielmehr überlegt werden, wie die Studien- und Prüfungsinhalte in Zukunft sinnvoll angepasst und verschlankt werden könnten – aber diese Frage bedarf einer eigenen Debatte zu einem anderen Zeitpunkt.

Wir dürfen hier nicht nur über die Ausbildung reden, sondern müssen auch über Fortbildung reden. Mit unserem Änderungsantrag fordern wir deshalb, das Recht auf Fortbildung und die damit korrespondierende Pflicht für alle Richterinnen und Richter gesetzlich im Deutschen Richtergesetz festzuschreiben. Die Qualifizierung der Richterinnen und Richter ist schließlich nach der Ausbildungsphase nicht abgeschlossen, sondern erfasst gerade auch Fort- und Weiterbildung – insbesondere in Bereichen, die nicht Gegenstand der juristischen Ausbildung sind, wie etwa das Familienrecht. Dieses Anliegen wird auch von der Richterschaft selbst an uns herangetragen und wurde gerade erst in der Anhörung in der letzten Sitzungswoche von allen Experten einhellig unterstützt. Viele Richterinnen und Richter nutzen bereits die sich bietenden Fortbildungsmöglichkeiten, stoßen zum Teil jedoch auf Schwierigkeiten, wenn es etwa um die Kostenübernahme geht. Außerdem werden Richterkarrieren immer mehr nach Erledigungszahlen ausgerichtet, sodass sich scheinbar selbst schädigt, wer sich freiwillig Zeit für wichtige Fortbildungen nimmt. Es geht also nicht nur darum, eine Fortbildungspflicht zu normieren, sondern vor allem darum, das Recht auf Fortbildung zu stärken und der Richterschaft bedarfsgerechte und kostenfreie Fortbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Zuallererst muss die Deutsche Richterakademie als zentrale Fortbildungsstelle mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. In geeigneten Bereichen könnte zudem E-Learning als zeit- und aufwandsparende Fortbildungsmethode angeboten werden. Auch im Hinblick auf die bereits bestehenden Fortbildungsangebote für Rechtsanwälte sind Kooperationen und Synergieeffekte denkbar.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Fort- und Weiterbildung erfasst sowohl die Richterinnen und Richter im Bundes- als auch im Landesdienst. Das BMJV hatte 2018 im Zusammenhang mit der Kritik des Bundesrechnungshofes an der Finanzierung der Deutschen Richterakademie klargestellt, dass der Bund für die Qualität der Justiz insgesamt verantwortlich und für die Rechtspflege in letzter Instanz zuständig sei. Außerdem rekrutierten die obersten Gerichtshöfe des Bundes ihr Stammpersonal nahezu ausschließlich aus der Landesjustiz. Damit sei der Bund auf eine qualifizierte Weiterbildung der Landesbediensteten angewiesen. Dieser Argumentation des BMJV schließen wir uns ausdrücklich an. Um eine leistungsfähige Justiz zu erhalten und zu stärken und eine effektive Rechtspflege im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, ist es notwendig, das Recht und die Pflicht zur Fortbildung für Richterinnen und Richter im Deutschen Richtergesetz zu verankern. Die Mittel hierfür sollten im Hinblick auf den vereinbarten Pakt für den Rechtsstaat zur Verfügung gestellt werden.

Bleiben Sie also nicht bei der Ausbildung stehen – stimmen Sie für unseren Änderungsantrag und bringen Sie auch die Fort- und Weiterbildung einen großen Schritt voran.