Rede von Renate Künast Tabakerzeugnisse

Renate Künast MdB
22.06.2023

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir setzen heute eine EU-Richtlinie in nationales Recht um – Eins-zu-eins-Umsetzung –: Da geht es um erhitzte Tabakerzeugnisse und die sogenannten charakteristischen Aromen, die wir hier nach EU-Recht abschaffen. Die sind bei Zigaretten und bei Tabak schon abgeschafft. Insofern ist es nur logisch, das jetzt auf erhitzte Tabakerzeugnisse auszudehnen.

Warum brauchen wir solche Regeln, meine Damen und Herren? Weil im Jahr 130 000 Menschen in Deutschland an den Folgen von Tabak- und Nikotinsucht sterben. 130 000 Menschen! Der Tabakkonsum stellt, wie wir daran unschwer merken, das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko dar. Der Tabakkonsum ist übrigens gerade bei Jugendlichen während der Pandemie stark angestiegen. Wenn man sich die Zahlen anguckt: Im Jahr 2021 haben im Alter von 14 bis 17 Jahren 8,7 Prozent der Jugendlichen geraucht, im Jahr 2022 waren es schon doppelt so viele: 18 Prozent.

Dahinter stecken logischerweise auch Strategien der Tabakindustrie, meine Damen und Herren. Die Tabakindustrie hat ja eine große Entwicklung gemacht. Früher hat sie sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Tabak und Nikotin Krebs erzeugen. Dann haben sie gesagt: Das individuelle Verhalten zählt. Rauchen Sie doch einfach weniger! – Und mittlerweile gibt es Harm Reduction als neues Geschäftsmodell. Sie setzen verstärkt auf Tabakerhitzer, E-Zigaretten. Sie werben mit dem Hinweis, dass die Gesundheitsgefährdung dadurch geringer sei. Das ist nicht ganz falsch, meine Damen und Herren. Ich finde aber, es ist trotzdem unseriös. Warum? Weil zwar das Krebsrisiko durch den Tabak nicht da ist, aber Nikotin macht auch da süchtig, verengt die Gefäße, und, wie zum Beispiel das Krebsforschungszentrum in Heidelberg sagt, es erhöht massiv das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte. Und das alles noch verbunden mit Aromen wie Apfel-Minze oder Pomelo Grape. Das sind keine Eissorten, sondern das beschreibt die Regelungslücke bei Aromen auch bei Nikotinerzeugnissen.

Wir müssen meines Erachtens eines tun: Wir müssen den Einstieg in den Ausstieg ermöglichen oder – besser – bei Jugendlichen dafür Sorge tragen, dass sie gar nicht anfangen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

– Danke. – Deshalb setzen wir heute europäisches Recht um. Aber Bündnis 90/Die Grünen will noch mehr. Wir wollen reden – das haben wir übrigens auch im Koalitionsvertrag vereinbart – über Werbung für Tabakerzeugnisse beim Point of Sale, wir wollen reden über die charakteristischen Aromen in E-Zigaretten und über Sponsoring-Regeln.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen eins sagen: Die Regelungen sollen sich immer an wissenschaftlichen Erkenntnissen messen, an den Erkenntnissen des Gemeinsamen Bundesausschusses ausrichten. Und was wir sicher tun werden, ist, die Strategie „Harm Reduction“ kritisch zu hinterfragen, meine Damen und Herren; denn weniger rauchen oder nur Nikotin zu sich nehmen ist auch nicht harmlos, sondern bleibt gesundheitsgefährdend. Und der Gesundheitsschutz steht auf unser aller Agenda.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die Unionsfraktion hat das Wort Hans-Jürgen Thies.

(Beifall bei der CDU/CSU)