Rede von Corinna Rüffer Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses

Foto von Corinna Rüffer MdB
21.06.2023

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wirklich hoch geschätzte Vorsitzende Martina Stamm-Fibich, ich finde, das passt zu der ganzen Art, wie du diesen Ausschuss führst, dass du heute noch mal an unseren lieben Kollegen Gero Storjohann erinnert hast, den wir alle bis heute wirklich sehr vermissen. Wir wissen nicht, ob seine Familie vielleicht auch diese Debatte verfolgt. Es würde mich nicht verwundern, weil er sie, glaube ich, sehr dicht an seine Arbeit herangeholt hat. Ich finde, das ist noch mal ein Moment, an ihn zu erinnern. Ich glaube, wir alle denken oft an ihn.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitarbeiter/-innen! Es geht heute ein ganz besonderer Dank an Sie, die Sie auf der Bundesratsbank sitzen, und an alle, die Sie vertreten, nämlich an den gesamten Ausschussdienst.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

Das sind ganz viele Menschen, die uns den Rücken freihalten, die die Arbeit tun, von der wir leben, Tag für Tag. Wir hatten in der vergangenen Sitzungswoche eine Pet-Sause; vielleicht hat der eine oder andere schon mal was davon gehört. Einmal im Jahr wird kräftig gefeiert. Ich habe den Eindruck, dass uns das in diesem Jahr besonders gut gelungen ist. Ich weiß nicht, ob die neue Unterabteilungsleiterin Frau Pendzich-von Winter es geschafft hat, mit jedem Einzelnen, mit jeder Einzelnen anzustoßen. Sie hat es eigentlich versprochen. Aber ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, dass da ein frischer Wind durch das Petitionswesen weht, und ich glaube, das freut ganz viele, die dicht an der Arbeit sind. Ganz herzlichen Dank!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Ich glaube, dass wir alle wirklich Lust haben, das Potenzial dieses Ausschusses noch viel mehr zu nutzen, als wir das in der Vergangenheit schon getan haben. Ich möchte an dieser Stelle einmal Heinrich Böll in die Verantwortung nehmen, der Petra Kelly ins Stammbuch geschrieben hat, und zwar im Jahr 1983 – ich zitiere –:

Gar manches ist im Laufe der Geschichte aller Parlamente von der Straße aus in sie hineingetragen worden, ist Gesetz geworden und hat das System verändert. … Das Außerparlamentarische gehört zum parlamentarischen System, und wäre es nur als Wecker.

Die Einmischung der Bürgerinnen und Bürger als Weckruf zu begreifen, ich glaube, das war im Jahr 1983 nicht allen so nah. Jedenfalls hat Petra Kelly wahrgenommen, dass es im Umgang mit manchen Bürger/-innen-Anfragen so etwas gegeben habe wie „Arroganz des Weglegens, des Post-Verdrängens, des Damit-nicht-umgehen-Könnens, weil man doch so viel Wichtigeres zu tun hat“, als sich mit diesen Bürgern zu befassen. Und sie fragte sich:

Ist es denn nicht eine der ersten Pflichten, zu versuchen, auf die Menschen einzugehen, die sich in aller Bescheidenheit an

– damals –

Bonn wenden, weil sie, und das ist ja berechtigt, eine konstruktive und hilfreiche Antwort erwarten?

Mir sei dieser Blick in die Vergangenheit erlaubt, weil wir als Grüne-Fraktion innerhalb dieses Hauses in diesem Jahr 40. Geburtstag feiern. Ich glaube, das ist ein Moment im Zusammenhang mit der Arbeit, die wir als Parlament mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen zu leisten haben, wo man an Petra Kelly und Heinrich Böll noch mal erinnern darf. Und wenn man heute das Wort „Bonn“ durch „Berlin“ ersetzen würde? Ich mache das mal:

Ist es denn nicht eine der ersten Pflichten, zu versuchen, auf die Menschen einzugehen, die sich in aller Bescheidenheit …

– an Berlin, an uns nämlich –

wenden, weil sie, und das ist berechtigt, eine konstruktive und hilfreiche Antwort erwarten?

Genau das ist die Pflicht, die wir als Abgeordnete haben: auf die Menschen einzugehen, ihnen zuzuhören, wenn sie uns mit ihren Sorgen, aber vor allem auch mit ihren konstruktiven Antworten auf schwierige Fragen begegnen. Ob sie dabei bescheiden sind oder nicht – das mag man im Jahre 1983 anders beurteilt haben –, sei dahingestellt.

Es ist nicht nur unsere Pflicht, möchte ich sagen, sondern es ist wichtiger denn je, dass wir das als Parlament tatsächlich beherzigen, weil wir in einer unsicheren Zeit leben. Wir stehen vor so vielen Herausforderungen, die wir gemeinsam bewältigen müssen. Trotzdem – das beobachten wir natürlich, und das muss uns mit Besorgnis erfüllen – driftet diese Gesellschaft an vielen Stellen echt auseinander. Viele Menschen fühlen sich außen vor gelassen. Sie sind überfordert mit bürokratischen Vorgaben und haben enorme Angst davor, dass es ihnen persönlich und ihren Kindern in Zukunft schlechter gehen wird als heute.

Gerade in dieser schwierigen Gemengelage ist es, glaube ich, unsere Aufgabe als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, „Bürgernähe“ nicht nur zu behaupten, sondern sie auch tagtäglich zu praktizieren, den Menschen tatsächlich näherzukommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und genau das ist die Aufgabe, die wir in diesem Petitionsausschuss zu erfüllen versuchen.

Die Themenfelder, die wir zu bearbeiten haben, sind sehr weit. Mich persönlich beschäftigt insbesondere das Leben von Menschen mit Beeinträchtigungen in all ihren Facetten. Wir haben riesige Petitionen: im vergangenen Jahr die größte, die wir jemals hatten, mit über 300 000 Unterschriften, mit der Forderung, dass wir eine Reform der Pflege brauchen in diesem Land, das dem demografischen Wandel unterliegt – eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Da haben wir uns alle zusammengetan, sind teilweise über unseren Schatten gesprungen und haben gesagt: Wir wollen das als Parlament gemeinsam angehen.

Ich würde alle Parlamentarier und Parlamentarierinnen –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Kollegin, Sie kommen zum Ende, bitte.

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– ich komme zum Ende –, die nicht direkt an den Petitionen dran sind, dennoch bitten, diese Impulse aufzunehmen und das als gemeinsame Aufgabe zu verstehen, –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Kollegin.

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– als Parlament die Umsetzung der berechtigten Wünsche der Menschen in diesem Land auf den Weg zu bringen. Wir wollen noch besser werden.

(Lachen des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Ich glaube, das werden wir mit dieser Haltung auch schaffen.

Ich bedanke mich ganz herzlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Sabine Weiss hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)