Rede von Corinna Rüffer Teilhabe für Menschen mit Behinderung

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26.03.2021

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Demokratinnen und Demokraten! Wenigstens Sören Pellmann hat es erkannt: Heute vor zwölf Jahren war ein großartiger Tag in diesem Land! Es war die Geburtsstunde der Verpflichtung zu einer menschenrechtsorientierten Politik für Menschen mit Behinderungen in Deutschland. Die UN-BRK hat damals eine enorme Wucht entfaltet. Sie hat Menschen mit Behinderungen, ihre Freunde und Familien dazu ermutigt, sich endlich offensiv für ihre Rechte einzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nun stehen wir heute in diesem Hohen Haus, mitten in der Pandemie, in der Menschen mit Behinderungen weitgehend vergessen und, ja, auch ignoriert worden sind. Viele von ihnen haben die letzten 13 Monate in absoluter Isolation verbracht, weil sie schwere Verläufe von Covid-19 befürchten mussten – und sie warten bis heute auf eine Impfung.

(Zuruf des Abg. Sören Pellmann [DIE LINKE])

Von Inklusion also in dieser Zeit wirklich keine Spur. Nix Teilhabestärkung! Sämtliche Entscheidungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, sind in den letzten 13 Monaten über ihre Köpfe hinweg gefällt worden. Nichts mit dem zentralen Leitmotiv der Konvention: Nichts über uns ohne uns!

Angesichts dieser Tristesse, hätte ich heute zu gerne über ein Gesetz gesprochen, das etwas Reue erkennen lässt, das wirklich die Mängel des Bundesteilhabegesetzes in den Blick nimmt und jetzt beherzt die Lösungen angeht und schlicht ein Versprechen einlöst: Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz. – Stattdessen erkenne ich aber nur zaghafte Schritte. Es geht zwar nicht in die völlig falsche Richtung; aber es geht eben nicht beherzt in die richtige Richtung, und das wäre jetzt nötig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Jens Beeck [FDP])

Es gibt ein paar Punkte, die auch ich gut finde, zum Beispiel dass das Budget für Ausbildung weiterentwickelt wird, damit die jungen Menschen nicht in Werkstätten festhängen, sondern einen richtigen Platz in dieser Gesellschaft bekommen. Die Leute wollen das.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aber wo bleibt die spürbare Anhebung der Ausgleichsabgabe für Unternehmen, die trotz Verpflichtung keinen einzigen Menschen mit Behinderung einstellen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sie haben es versprochen, Herr Heil. Sie lösen es nicht ein.

Warum findet sich keinerlei Ansatz, die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit zu verpflichten? Das fordern alle großen Verbände. Warum passiert das nicht?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Warum müssen Menschen mit Behinderungen weiterhin mit ihrem Einkommen und Vermögen einstehen für die Assistenz, die sie brauchen und auf die sie ein Recht haben?

Wie sollen behinderte Menschen sich ehrenamtlich engagieren, auch in der Politik, wenn sie die Unterstützung nicht bekommen, die sie brauchen?

Und warum stellen wir nicht klipp und klar fest, dass jeder Mensch – auch mit Behinderungen – selbstverständlich ein Recht darauf hat, zu entscheiden, wo und mit wem er lebt?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Alle hier im Haus wissen ganz genau, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen Schutz brauchen, da sie so sehr von Gewalt bedroht sind. Legen Sie endlich ein konsequentes Konzept vor, das diese Menschen schützt!

Und ganz zum Schluss: Das Geschacher um die Assistenz im Krankenhaus finde ich mittlerweile unerträglich. Ich sage Ihnen heute: Wir werden nicht ruhen, bis dafür im Laufe diese Legislaturperiode eine Lösung gefunden wurde.

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Kommen Sie bitte zum Ende.

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Denn diese Menschen schweben in Lebensgefahr, weil ihnen dieses Recht nicht gewährleistet wird.

Herzlichen Glückwunsch zum zwölften Geburtstag der UN-Behindertenrechtskonvention!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Danke. – Das Wort geht an Angelika Glöckner von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)