Rede von Dr. Manuela Rottmann Unautorisierter Bericht zur Corna-Pandemie aus dem BMI

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15.05.2020

Dr. Manuela Rottmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist weniger als fünf Monate her, dass das SARS-CoV-2-Virus erstmals beim Menschen nachgewiesen wurde. Es trifft auf eine Weltbevölkerung ohne Grundimmunisierung. Auf absehbare Zeit wird kein Impfstoff zur Verfügung stehen. Wir beobachten schwere Krankheitsverläufe. Und wir lernen erst jetzt, dass auch andere Organe als die Lunge betroffen sein können und dass wir auch mit schweren Folgeschäden zu rechnen haben. Sicher ist in einer Situation wie dieser nur eines: Wir wissen immer noch nur einen Bruchteil dessen, was wir wissen müssten, um alles richtig zu machen. Vertrauen verdienen in einer solchen Situation gerade nicht diejenigen, die sicheres Wissen vorgaukeln, sondern diejenigen, die versuchen, Lücken zu schließen, aber die Unsicherheit auch offenlegen und ihre Empfehlungen und Entscheidungen danach ausrichten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat aber in der schlichten Welt der AfD keinen Platz. Wer schon in normalen Zeiten seine eigene Weltsicht für den Volkswillen hält und damit verwechselt, der ist jetzt erst recht überfordert. Die AfD braucht es einfach.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das sagt die Richtige!)

Sie muss daher scheitern; denn die Welt ist nicht einfach, und im Ernstfall erweist sich die AfD als Ausfall.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf diese Überforderung reagiert sie immer mit derselben Methode: Es wird ein Pseudoskandal gebastelt und zur Aktuellen Stunde aufgeblasen. Es wird allmählich wirklich langweilig.

Nach der EU-Hinweisgeberrichtlinie sind diejenigen vor Sanktionen zu schützen, die Rechtsverstöße und Rechtsmissbräuche melden, die der Öffentlichkeit sonst nicht bekannt würden. Worüber reden wir hier? Über den Text eines nicht zuständigen Beamten von der Qualität einer gutgemeinten Schülerarbeit auf dem Niveau der zehnten Klasse.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Hören Sie mal auf, einen solchen Quatsch zu erzählen! Der war zuständig!)

Es geht in weiten Teilen um Selbstverständlichkeiten, Entscheidungsabwägungen, die in der Öffentlichkeit längst diskutiert werden.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie sagen die Unwahrheit!)

Es geht um ein Sammelsurium willkürlich zusammengestellter bekannter Einzelansichten über die möglichen Auswirkungen des Virus.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Auch Quatsch!)

Das Resümee: Der Verfasser ist der Ansicht, die Mittel zur Eindämmung des Virus richteten mehr Schaden an als das Virus selbst. Was ist das? Ein Faktum? Ist es der Hinweis auf einen unentdeckten Rechtsverstoß oder Rechtsmissbrauch? Nein. Es ist nicht mehr als die private Einschätzung eines unzuständigen Beamten.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Der erste Punkt war richtig!)

Diese Einschätzung ist ihm unbenommen. Wir sind ein freies Land. Problematisch ist daran alleine,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dass man dazu eine Aktuelle Stunde macht!)

dass der Verfasser sich offenbar für den besseren Bundesinnenminister hält und deshalb beim Vertrieb seines Erzeugnisses den Anschein einer offiziellen Stellungnahme aus dem Ministerium erweckt. Nur diese Täuschung hat diesem wenig lesenswerten Elaborat überhaupt Aufmerksamkeit verschafft. Ich teile die Einschätzung, dass Horst Seehofer sich nicht als Idealbesetzung im Bundesinnenministerium erweist. Aber in einer parlamentarischen Demokratie bestimmt die aus einer freien Wahl hervorgegangene parlamentarische Mehrheit, wer Bundesinnenminister wird und für das Ministerium abwägt, entscheidet und spricht; und das ist eben nicht jeder, der Zugriff auf das Briefpapier des Ministeriums hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wenn das Bundesinnenministerium also jemandem, der diese Grundsätze der parlamentarischen Demokratie und des Berufsbeamtentums nicht versteht, den Schlüssel zum Briefpapier wegnimmt, dann ist das die gebotene Konsequenz. Mit Whistleblowing haben das Papier und die Reaktion darauf nicht das Geringste zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Der Herr aus dem Bundesinnenministerium ist so wenig ein Whistleblower wie Experten, die Sie oft anführen, Lungenfachärzte sind. Da ist kein großer Unterschied.

Den Schutz von Menschen, die tatsächlich Rechtsverstöße aufdecken, lehnen Sie ab. Solche Menschen nennen Sie Denunzianten. Diese Menschen aber brauchen Schutz.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Frau Rottmann, Sie reden nur einen Stuss!)

Wir müssen Schluss damit machen, dass Unternehmen und Organisationen auf die Einschüchterung ihrer Mitarbeiter setzen, um illegal wirtschaften zu können. Aus der Debatte um diese Frage haben Sie sich längst verabschiedet. Whistleblowing wird bei Ihnen interessant, wenn Ihr Senf geadelt werden soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Methode der frei erfundenen Pseudoskandale nutzt sich allerdings ab. Die Bürgerinnen und Bürger haben derzeit wirklich andere Sorgen, die Mehrheit dieses Hauses auch. Also bringen wir diese Aktuelle Stunde als Luftnummer einfach hinter uns. Wir brauchen unsere Zeit, unsere Kraft und unsere Aufmerksamkeit für etwas anderes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Der Abgeordnete Alexander Krauß hat nun für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)