Rede von Bernhard Herrmann Untersuchungsausschuss Nord Stream

Bernhard Herrmann
15.03.2023

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach so viel kruder Vergangenheit gestatten Sie mir einen Blick nach vorn; darum muss es gehen.

Ein Energiesystem mit wenigen großen und zentralistischen Infrastrukturen birgt immer Sicherheitsrisiken. Der Gaslieferstopp durch Russland und der Angriff auf Nord Stream hat uns diese alte Binsenweisheit leider wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Zum Glück sind wir in den letzten Jahrzehnten – ja, auch in den letzten 16 Jahren – beim Ausbau dezentraler Energien etwas vorangekommen. Genau deshalb und weil wir jetzt die Erneuerbaren richtig entfesseln, konnte Deutschland gut mit dem plötzlichen Lieferstopp umgehen, der von Putin kam.

Trotzdem müssen wir Lehren aus dem Nord-Stream-Debakel ziehen. Wir müssen unser Energiesystem deutlich resilienter gegen Unfälle und Angriffe von außen machen. Und das machen wir, indem wir stärker dezentralisieren. Auch deshalb bauen wir die erneuerbaren Energien aus. Dabei sehen wir schon heute, wie viele Menschen selbst aktiv werden, zum Beispiel, indem sie in Genossenschaften Windkraftanlagen errichten oder mit PV-Anlagen auf Dächern immer mehr Strom erzeugen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern stärken wir den Rücken. Das machen wir zunächst für den Klimaschutz und weil Erzeugervielfalt – es gibt viele Menschen, die ihren Teil zur Versorgungssicherheit beitragen – die Resilienz des Energiesystems stärkt. Aber das machen wir auch, weil uns eine starke Bürgerenergie an sich ein wichtiges politisches Anliegen ist. Wir unterstützen, dass Menschen selbst wirksam werden können – zur Begrenzung der Kosten, beim Klimaschutz und eben bei der Sicherheit.

Aber was lehrt uns der Angriff auf Nord Stream noch? Wir müssen uns weniger abhängig machen von Putins Russland und von fossilen Importen ganz allgemein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

Auch dafür gewinnen wir viel erneuerbare Energie, und wir sollten vielleicht mal ernsthaft überlegen, auch den Gasverbrauch zu reduzieren.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

– Dass ihr das wollt, ist klar.

(Karsten Hilse [AfD]: Machen wir uns lieber abhängig von China! 95 Prozent der Photovoltaik kommt aus China!)

Die Ampelkoalition hat die richtigen Schlüsse gezogen und baut mit voller Kraft Wind- und Sonnenenergie aus. Wir haben die größte EEG-Novelle beschlossen. Weitere Hürden beseitigen wir sehr bald mit einem Wind- und zwei Solarpaketen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, es geht um den Untersuchungsausschuss.

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam darum ringen, die Energieversorgung Deutschlands in einem geeinten Europa sicher zu machen, anstatt in künstlich geführte Scheindebatten abzudriften.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Untersuchungsausschüsse werden eingesetzt – es ist gesagt worden –, um mögliche Fehler der Regierung zu beleuchten.

(Karsten Hilse [AfD]: Das wissen Sie schon?)

Solche liegen hier aber nicht vor.

(Thomas Ehrhorn [AfD]: Die Zeit wird was anderes zeigen! Glauben Sie mir!)

Der Generalbundesanwalt ermittelt. Politisch motivierte Parallelermittlung im Untersuchungsausschuss hilft uns da nicht, nein, im schlimmsten Fall behindert sie sogar die Ermittlungen des Generalbundesanwalts.

Als Parlament werden wir uns vielmehr darauf fokussieren, wie wir unsere Energieversorgung klimafreundlich, bezahlbar und noch sicherer machen. Klare Antworten darauf sind: Stärkung der Energieeffizienz, Diversifizierung der Energielieferungen und Ausbau von dezentralen erneuerbaren Energien.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])