Rede von Dr. Till Steffen Virtuelle Hauptversammlungen

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12.05.2022

Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist richtig gesagt worden: Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die virtuellen Hauptversammlungen auf Dauer ermöglichen wollen. Aber wir wollen eben die Rechte der Aktionärinnen und Aktionäre sichern; die sollen nicht ausgehöhlt werden. Das ist ein ganz klarer Grundsatz. Deswegen muss man sich diese zwei Bestandteile der Koalitionsvereinbarung ganz klar anschauen.

Warum wollen wir das auf Dauer verstetigen? Weil es eben eine gute Sache ist, wenn es möglich ist, solche Hauptversammlungen auch digital abzuhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber – und das ist ganz wichtig – das darf eben nicht dazu genutzt werden, dass die Rechte von Aktionärinnen und Aktionären leerlaufen. Dafür gab es eben Beispiele jetzt in der Pandemiezeit. Insofern war das ein interessantes Testfeld, um zu gucken, worauf man achten muss. Wir haben sehr deutlich gelernt: Man muss darauf achten, dass die Rechte nicht ausgehöhlt werden, zum Beispiel dadurch, dass es nur möglich ist, Fragen vorher unter Einhaltung von Fristen zu stellen, weil das in der Praxis eben bedeuten kann, dass die Frage in der Sache gar nicht beantwortet wird und weitere Nachfragen ausgelöst werden, diese aber nicht zulässig sind. Dann ist das Fragerecht der Aktionärinnen und der Aktionäre ausgehöhlt. Und das darf natürlich nicht passieren. Diese Möglichkeit wollen wir auf keinen Fall eröffnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diesen Grundsatz – alles, was man dazu sagen muss, haben wir im Koalitionsvertrag eigentlich schon festgehalten – hat der Referentenentwurf, der ja auf dem Tisch lag, nicht ganz erfüllt. Wir haben aber heute gelernt, dass dieser Gesetzentwurf so was wie eine legislative Vollwaise ist. Alle hier sind also der Meinung, dass es so gar nicht geht. Deswegen hat ja der Entwurf, den die Regierungsfraktionen eingebracht haben, das richtigerweise ganz anders gemacht.

Es gibt noch ein paar Anhänger, die uns jetzt schreiben und tatsächlich sagen: Schade, es wäre so schön gewesen, wenn man das so gemacht hätte und man die Rechte der Aktionäre ein bisschen hätte einschränken können. – Denjenigen sage ich: Wer sich nicht mit Aktionärinnen und Aktionären auseinandersetzen möchte, der sollte keine Aktiengesellschaft gründen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist genau der Punkt. Natürlich braucht es die Möglichkeit, mitzuwirken. Das ist das Recht, das sich eben aus dem Eigentum ergibt. Das ist das Spezifikum der Aktiengesellschaft, und deswegen muss es natürlich auch möglich sein. Das gilt dann sowohl virtuell als auch bei einer Präsenzveranstaltung. Und das ist ja das, was der Gesetzentwurf ermöglicht: dass eben durch den Beschluss der Aktiengesellschaft auf einer Hauptversammlung entschieden wird, wie man das künftig halten möchte.

Die dritte Variante, nämlich die Hybridvariante, spielt auch eine wichtige Rolle. Wir haben Hinweise gekriegt, dass man an einzelne Formulierungen noch mal rangehen sollte, um das tatsächlich rechtssicher zu gestalten. Denn es macht ja Sinn, dass man es so gestalten kann, dass diejenigen, die vor Ort sein wollen, dazu auch die Möglichkeit haben. Wir haben vorhin über die unterschiedlichen Formen der Naturaldividende gesprochen, je nachdem, bei wem man die Anteile hält. Bei einer Aktiengesellschaft, die Bier produziert, mag es beispielsweise interessant sein, vor Ort zu sein.

(Beifall des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bei anderen Aktiengesellschaften gibt es vielleicht auch was zum Mitnehmen. Und andere sagen dann: Ich möchte lieber aus der Ferne digital teilnehmen. – Wunderbare Sache!

Einen Punkt würden wir in der Sache in der Tat gerne noch vertiefen, nämlich die Frage, ob wir das bei der Gelegenheit gleich auch auf die Genossenschaften ausdehnen. Denn wir kriegen ganz klar Hinweise, gerade aus dem Start-up-Bereich, dass es hochinteressant wäre, in Form einer Art von Crowdfunding die Genossenschaften zu nutzen, um Anteile im geringen, überschaubaren Umfang zusammenzubringen, um neue Unternehmen auf die Beine zu stellen. Das wird aber nur gehen, wenn das ohne großen Reiseaufwand möglich ist, wenn das tatsächlich digital möglich ist. Ich glaube, wir haben eine richtige Chance, bei dieser Gelegenheit eine richtige Renaissance der Genossenschaften anzustoßen. Ich würde mich über die Diskussion im Ausschuss freuen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Seine Rede zu Protokoll gibt Alexander Ulrich, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der letzte Redner in der Debatte ist Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)