Denise Loop
29.09.2022

Denise Loop (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe CDU/CSU-Fraktion! Uns eint das Ziel, Kinder vor sexualisierter Gewalt effektiv schützen zu wollen. Dann hört es aber leider auch schon auf. Schade, dass Herr Merz bei dieser wichtigen Debatte zu diesem wichtigen Thema lieber in der letzten Reihe sitzt und sich unterhält.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wo ist Herr Mützenich?)

Dass Sie in Ihrem Antrag immer noch von „kinderpornografischem Material“ sprechen, zeigt:

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wo ist Herr Mützenich? Wo ist Ihr Fraktionsvorsitzender?)

Sie haben sich ganz offensichtlich trotz einer 15‑jährigen Debatte nicht eingehend mit der Thematik beschäftigt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Begrifflichkeit wird aus guten Gründen seit Jahren nicht mehr verwendet. In der Fachwelt spricht man schon lange von „Darstellung sexualisierter Gewalt“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Auch sonst hinken Sie der Zeit meilenweit hinterher; denn anstatt die Ideen voranzubringen, wie wir gesamtgesellschaftlich Kinder online wie offline vor sexualisierter Gewalt schützen können, verfolgen Sie immer noch die längst überholte Vorratsdatenspeicherung, jetzt in Form der IP‑Adressen, die mit geltendem Grundrecht schlicht unvereinbar ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie rennen immer gegen die gleiche verfassungsrechtliche Wand. Ich habe dafür keinerlei Verständnis; denn das ist eine Scheindebatte, die auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen wird und in dieser Form niemandem hilft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie lenkt davon ab, dass wir endlich zielgerichtete Maßnahmen zur Abwehr von konkreten Gefahren brauchen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Unterhalten Sie sich mal mit Ermittlern, also mit Praktikern!)

Dabei geht es mit der CDU durchaus auch anders. Das zeigen Ihre Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein. Dort wird auf eineinhalb Seiten des Koalitionsvertrages dezidiert beschrieben, mit welchen Maßnahmen Kinder vor sexualisierter Gewalt geschützt werden können.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Und was das Land machen kann! Und was ist unsere Bundeskompetenz? Wir müssen unsere Aufgaben erledigen!)

Das schwarz-grüne Bündnis hat keine Sekunde auf die unnütze Vorratsdatenspeicherung und die Speicherung der IP‑Adressen verschwendet. Stattdessen haben wir uns gemeinsam sehr klar und gerade mit Blick auf die Darstellung sexualisierter Gewalt an Kindern für tatsächlich effektive Instrumente zur Strafverfolgung ausgesprochen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch mal mit Ermittlern, Frau Kollegin!)

zum Beispiel durch das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren. Für dieses Verfahren spricht sich übrigens auch der Deutsche Kinderschutzbund aus.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Ich habe es in meiner letzten Rede zu diesem Thema schon erklärt, aber ich wiederhole es gerne noch mal: Wir müssen den Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern umfassend betrachten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Das tun wir als Ampelkoalition. Unser gemeinsames Ziel müsste es doch sein, dass möglichst keine Taten passieren. Aber zu Prävention und Aufarbeitung steht kein Wort in Ihrem Antrag. Dabei geht es darum, wie wir die Kooperation von allen für den Kinderschutz wichtigen Institutionen voranbringen können, wie wir funktionierende Schutzkonzepte in allen Bereichen, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegen, etablieren, wie wir alle Menschen für das Thema und die Gewalt, die Kindern und Jugendlichen angetan wird, sensibilisieren und wie wir die Arbeit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und der unabhängigen Aufarbeitungskommissionen stärken können. Arbeiten Sie dabei endlich mit uns zusammen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Da können Sie mal was tun für die Kinder!)

Wenn ich noch eine Anmerkung zum aktuellen Haushaltsentwurf loswerden darf: Wenn Sie ganz konkret etwas tun möchten, reden Sie mit Ihren Haushältern. Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hat eine wegweisende Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne erarbeitet. Die Mittel dafür sind im kommenden Haushalt noch nicht abgesichert.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Regieren Sie?)

Hier können wir als Parlamentarier/-innen Akzente setzen, die im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern wirklich wirksam sind.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für Die Linke hat das Wort Anke Domscheit-Berg.

(Beifall bei der LINKEN)