Rede von Britta Haßelmann Wahlwerbung von Parteien

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21.05.2021

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich Arminia-Bielefeld-Fan bin und eine Stehplatzdauerkarte habe, weiß ja jeder,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

und für wen ich morgen bin, ist auch klar. Aber jetzt geht es um den Gesetzentwurf zum Parteiengesetz.

Meine Damen und Herren, anders als die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU, SPD und die der Linken und der FDP haben wir mit diesem Gesetzentwurf erhebliche Schwierigkeiten.

(Fabian Jacobi [AfD]: Ihr habt ja auch ARD und ZDF!)

Aus unserer Sicht ist es so, dass Sie mit Ihren unbestimmten Änderungen drohen, einen Flurschaden im Parteiengesetz anzurichten, der weitgehende Auswirkungen hat. Die Regelung ist im Wortlaut so unbestimmt, dass sogar Private generell Adressaten sein könnten. Ich müsste also an meinem Gartenzaun theoretisch grundsätzlich – so der Gesetzestext – demnächst Wahlwerbung zulassen. Man muss Ihren Gesetzentwurf so lesen, dass die gesamte öffentliche Gewalt verpflichtet ist, ihre Einrichtungen in Wahlkampfzeiten den Parteien grundsätzlich zur Verfügung zu stellen. Meine Damen und Herren, das ist grotesk; anders kann man es nicht sagen.

Als Beispiel für die chaotische Regelung im Entwurf zitiere ich diesen Satz:

Die Regelung richtet sich an die Träger hoheitlicher Gewalt, also auch an Gerichte und an die Bürger, die in ihrer staatsrechtlichen Stellung als Aktivbürger nach Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes in Wahlen Staatsgewalt ausüben … und im Wahlkampf am Prozess der politischen Willensbildung des Volkes teilhaben.

Bürger/-innen als Träger hoheitlicher Gewalt sind also den Parteien gegenüber an Artikel 21 Grundgesetz gebunden? Das ist doch Irrsinn!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Regelung geht tatsächlich weit, weit über die Postwurfwahlsendung hinaus. Sie ist vom Wortlaut her so unbestimmt, dass sogar Private generell Adressaten sein können. Auch das Beispiel, das zeigt, wie sich das Ganze denn im Hinblick auf die Einrahmung des eigenen Grundstückes – beispielsweise Gartenzaun – verhält, fällt nach dem Gesetzestext grundsätzlich unter die zu duldende Wahlwerbung.

Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, hier einen solch unbestimmten Gesetzentwurf vorzulegen! Durch die entscheidende Erweiterung der Reichweite des § 5 – den werden wir uns in der Anhörung noch genauer anschauen – wird wirklich klar, wie weit Sie hier gehen wollen. Die Verpflichtung, den Parteien kostenlos Wahlwerbung im Rundfunk zu erlauben, ist ein weiterer Punkt, der hochproblematisch ist; auch darüber müssen wir in der Anhörung diskutieren.

Sie setzen sich mit dem Gesetzentwurf kurzerhand über den Willen der Bürger/‑innen hinweg, die an ihrem Briefkasten den Aufkleber „Hier bitte keine Werbung einwerfen“ haben. Überlassen Sie es doch dem Souverän, dem Bürger, der Bürgerin, selbst zu entscheiden, ob sie Parteienwerbung entgegennehmen möchten oder nicht, und handeln Sie nicht mit einem derart unbestimmten Gesetzentwurf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Danke. – Zum Abschluss der Debatte redet Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)