Foto von Harald Ebner MdB
22.02.2024

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im letzten Sommer habe ich im Ahrtal Weinbaubetriebe besucht – wir haben schon von den Weinhoheiten gehört –, und der zupackende Mut der Menschen, die Betriebe am Laufen halten und wieder aufbauen, hat mich tatsächlich sehr beeindruckt. Was die Menschen im Ahrtal leisten, verdient höchste Bewunderung, braucht aber auch noch viele Jahre verlässliche Unterstützung.

Der Unionsantrag benennt viele gute Punkte, und ich bin sehr dankbar, dass es da eine konstruktive Zusammenarbeit gibt. Schäden schneller zu beseitigen und Wiederaufbau zu finanzieren, sind eine wichtige Seite der Medaille.

Wir sind es den Opfern der Katastrophe aber auch schuldig, überall Vorsorge vor künftigen Flutereignissen – wie jüngst in Niedersachsen – zu treffen; denn die Klimakrise vervielfacht das Risiko extremer Starkregenfälle. Nach Daten der Versicherungsbranche gehen mehr als die Hälfte aller Schäden durch Naturkatastrophen auf Unwetterereignisse zurück. In den letzten 20 Jahren war statistisch jedes zehnte Haus in Deutschland von Starkregenschäden betroffen.

Zur Schadensbegrenzung wird technischer Hochwasserschutz allein aber nicht ausreichen. Über 80 Prozent des Landkreises Ahrweiler bestehen aus Wald und Agrarflächen. Hier müssen wir ansetzen. Nur wenn wir mehr Wasser in der Landschaft halten können, kann technischer Hochwasserschutz überhaupt funktionieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nötig sind auch Anpassungsmaßnahmen für den Blick nach vorn, um die Versickerung von Wasser in Böden zu verbessern und Erosion zu minimieren. Genau das empfiehlt ja auch der Abschlussbericht der rheinland-pfälzischen Enquete-Kommission.

Trotz dieser Fakten blendet der Unionsantrag – ich muss es leider sagen – die Vorsorgeaufgabe völlig aus. Ich kann das gerade mit Blick auf die Menschen vor Ort nicht verstehen.

Während die Union schimpft, handeln wir bereits. Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz fördern wir Entsiegelung, erhöhen das natürliche Wasserrückhaltevermögen in Landschaften, und mit klimaangepasstem Waldmanagement fördern wir dort den Rückbau von Entwässerungsgräben, den Waldumbau, bodenschonende Bewirtschaftung und, und, und. Kurz: Wir stellen die Weichen für Klimaresilienz auch durch das neue Klimaanpassungsgesetz.

Trotz der guten Ansätze im Unionsantrag muss ich feststellen, dass für die Union die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen – Ihr Antrag weist für den Bereich nämlich eine komplette Fehlstelle auf – offenbar keine Relevanz mehr hat. Sie agieren da retro wie in den frühen 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wie kommen Sie denn darauf?)

Umwelt- und Artenschutzbelange sind bei Ihnen nur lästige Störfaktoren. Das haben weder unsere Umwelt noch die Menschen im Ahrtal verdient.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wenn es stimmen würde!)

Wir müssen die Wiederaufbauinvestitionen durch Vorsorge schützen – nur dann können sie Bestand haben.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)