Rede von Felix Banaszak Wirtschaft

Felix Banaszak MdB
11.04.2024

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer wenn ich an der Ampel zweifle, gehe ich in eine Wirtschaftsdebatte mit der Union und weiß wieder: Es ist gar nicht so schlimm.

Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen, was wir hier erlebt haben. Die Union stellt wieder mal einen Antrag, in dem sie sagt: „Hier muss mehr ausgegeben werden; hier wollen wir weniger einnehmen“, ohne auch nur ein Wort zur Gegenfinanzierung zu verlieren. Dann fragt der Kollege Houben von der FDP nach: Wollen Sie nicht mal sagen, wie Sie das finanzieren wollen? Und dann Auftritt Herr Wiener von der Union: Jetzt denken Sie doch mal nicht so kameralistisch, Herr Houben! Wenn wir jetzt Steuermindereinnahmen haben, werden wir doch irgendwann in der Zukunft auch wieder Steuermehreinnahmen haben durch die Effekte, die das rausholen.

Das ist die neue haushaltspolitische Realität der Unionsfraktion: Wir müssen gar keine ausgeglichenen Haushalte mehr machen. Wir nehmen jetzt einfach weniger ein, damit zukünftig mal irgendwas rauskommt. – Wenn das so ist, dann muss man sagen: So unseriös habe ich noch nicht mal Die Linke in den letzten Jahren erlebt. Im Gegensatz dazu ist die Haushaltspolitik der Linken ein Feuerwerk der Seriosität.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist auch deswegen so spannend, weil dann – Auftritt Tilman Kuban – der nächste Schritt kommt: Die Ampel muss endlich mal aufhören, vor allem die Grünen und die Linken und die SPD, immer nur zu sagen: Wir müssen mehr Schulden machen. Noch nie gab es so viele Steuereinnahmen wie dieses Jahr.

(Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Ja, Herrgott, Herr Kuban, das passiert jedes Jahr. Aber wer nicht mal in der Lage ist, Nominal- von Realeffekten zu unterscheiden, und gar nicht merkt, dass es automatisch mehr Steuereinnahmen gibt, wenn wir Inflation haben, selbst wenn sich nichts verändert, der sollte vielleicht ein bisschen vorsichtiger in einer solchen Debatte sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Den gleichen Fehler machen Sie in der Union immer, wenn es um Verschuldung geht. Jedes Jahr kommt eine Sache wie: O Gott, Rekordverschuldung! Und die Ampel, was macht die da eigentlich? – Auch hier wieder nicht die Fähigkeit, Real- von Nominaleffekten zu unterscheiden.

Sie müssten mal anerkennen, dass trotz aller Bemühungen in den letzten Jahren – auch in den Krisen –, die Menschen und die Wirtschaft entsprechend zu unterstützen, die Schuldenstandsquote sinkt – sie sinkt! Und Sie tun so, obwohl Deutschland unter den sieben größten Industrienationen das Land mit der mit Abstand geringsten Schuldenquote ist, als wäre das das größte Problem dieses Landes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gegenteil ist doch der Fall. Ihr Antrag und Ihre Debattenbeiträge beschäftigen sich in einer Wortgewaltigkeit mit Kurzfristeffekten, und Sie sehen gar nicht, vor welchen grundsätzlichen Herausforderungen unser Wirtschafts- und Industriestandort steht.

Sie haben den Inflation Reduction Act vielleicht zur Kenntnis genommen. Wir können noch so viel darüber diskutieren, dass wir keinen Subventionswettbewerb haben wollen. Aber er ist doch schon da, und wir als Deutschland können uns entscheiden: Wollen wir den anderen dabei zugucken, wie sie nach vorne gehen, oder wollen wir selbst vorne dabei sein?

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Orientieren Sie sich an Ihren eigenen Ministerpräsidenten, orientieren Sie sich an denen in Ihrer Partei, die Verantwortung für konkrete, reale Politik tragen; vielleicht wollen auch Sie es ja irgendwann einmal wieder tun. Diese sagen: Eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Flexibilität zu haben, ist nötig. – Orientieren Sie sich daran und nicht an Ihren Phantasmen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: War aber auch schon mal besser!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Christian Leye für die Gruppe BSW.

(Beifall beim BSW)