Rede von Felix Banaszak Wirtschaft

Felix Banaszak MdB
23.06.2023

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja fast geneigt, einen Teil meiner Redezeit an Herrn Houben abzugeben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja schön!)

Aber er hat tatsächlich fast alles gesagt, was zu diesem Antrag der Niedertracht von rechts außen zu sagen wäre.

(Stephan Brandner [AfD]: Jetzt klatschen wieder alle! Passt auf!)

Ich will nur eines ergänzen: Wenn man sich einfach mal anschaut, dass im Einleitungsteil dieses Antrags von einem russisch-ukrainischen Krieg die Rede ist, so als handele es sich da um zwei, die gegeneinander kämpfen, und man gar nicht wisse, wer der Aggressor und wer das Opfer ist, dann ist das eigentlich alles, was zu dieser Fraktion zu sagen wäre.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Wer kämpft denn gegeneinander? Helfen Sie uns doch auf die Sprünge!)

Liebe Frau Kollegin Gesine Lötzsch, ich schätze Sie sehr für das, was Sie im Haushaltsausschuss tun und wie Sie die Oppositionsaufgabe wahrnehmen. Aber diese Vorlage dahin gehend zu nutzen, hier davon zu sprechen, Annalena Baerbock hätte eigentlich einen Krieg gegen Russland angefangen, finde ich, ehrlich gesagt, bedauerlich.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das hat sie selbst gesagt! – Stefan Keuter [AfD]: Das hat sie gesagt!)

Wenn wir nicht mehr gemeinsam unterscheiden können, von wem in diesem Hause und auch in diesem Land eigentlich die Gefahr ausgeht und wer politischer Mitbewerber ist,

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Die Frage ist immer: Von was?)

dann wundert es doch nicht, dass anscheinend nicht mehr alle imstande sind, ihre Aufgabe wahrzunehmen, diese Gefahr wirklich zu bekämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das wäre aber das, was nötig wäre.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Herr Banaszak, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Lötzsch?

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, ich lasse die Zwischenfrage sehr gerne zu.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):

Ich will hier in aller Klarheit sagen, dass wir als Linke den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber Sie wissen doch genau – und ich weiß, dass Ihre Fraktion und die Kollegen im Auswärtigen Amt nicht besonders glücklich darüber waren –, dass die Ministerin auf einer öffentlichen internationalen Konferenz wörtlich gesagt hat: Wir sind im Krieg mit Russland. – Das waren ihre Worte.

(Zuruf von der AfD: Sie hat Englisch gesprochen!)

– Das hat sie auf Englisch gesagt, ja.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie hat es versucht!)

Aber wir sprechen hier im Parlament die deutsche Sprache.

(Stephan Brandner [AfD]: Sehr vernünftig! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie hat auch auf Deutsch geredet!)

Sie hat es auf Englisch gesagt. Aber sie hat, eins zu eins aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, gesagt: Wir sind im Krieg mit Russland. – Sie hat es, hoffe ich, bereut, diesen Satz gesagt zu haben; aber er ist gefallen. Viele Sätze, die Leute vor vielen, vielen Jahren gesagt haben, werden hier wiederholt und zitiert,

(Stephan Brandner [AfD]: Das kennen wir auch!)

und dieser Satz ist noch nicht lange her.

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Kollegin Lötzsch, ich glaube, diese Debatte hatten wir an vielen Stellen schon. Uns allen ist, glaube ich, klar – auch Ihnen; da bin ich sicher –,

(Beatrix von Storch [AfD]: … dass Frau Baerbock ziemlich dämlich ist!)

dass Annalena Baerbock an dieser Stelle mitnichten impliziert hat, Deutschland wäre in einem Krieg gegen Russland, der von Deutschland, der Europäischen Union oder wem auch immer ausgeht. In der Debatte ist das sehr deutlich geworden.

(Stephan Brandner [AfD]: „We are fighting a war against Russia“, hat sie gesagt!)

Was sie aber richtig beschrieben hat, ist: Es gibt einen Wirtschaftskrieg, den Russland auch gegen Deutschland führt, nämlich einen Krieg mit Energie, den Russland auch gegen Europa, gegen die Europäische Union und gegen die ganze Welt durch die Erzeugung von Hungerskrisen führt. Dass Sie das jetzt verurteilen, freut mich. Ich freue mich über jeden in Ihrer Fraktion, der zu einer einigermaßen klaren Verurteilung dieses Kriegs und auch zu den Folgen dieser Verurteilung imstande ist. Aber solange Sie, weil Sie Angst um den Fraktionsstatus haben, in Ihrer Fraktion Leute wie Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst dulden, die zu dieser Klarheit nicht in der Lage sind, weil Sie es nicht so interpretieren,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

die an Demonstrationen teilnehmen, wo die Russlandfahnen noch und nöcher kreisen und wo man keine Chance hat, ein Wort der Empathie für die ukrainischen Opfer dieses Angriffs zu verlieren, ohne in Buhrufen zu ersticken,

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja wie im Bundestag, wenn die AfD redet!)

solange das der Fall ist, lasse ich mich von Ihnen nicht zur Außenpolitik Annalena Baerbocks belehren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, ich mache mir Sorgen um die Wirtschaftskompetenz der Unionsfraktion.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Ja, wir auch! – Bernd Schattner [AfD]: Wir auch!)

Wir haben heute zwei zentrale Weichenstellungen zur zukunftsfähigen Aufstellung unseres Wirtschaftsstandorts mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der Frage der Aus- und Weiterbildung besprochen. An beiden Stellen sind Sie auf der Gegenfahrbahn.

Frau Klöckner, ich muss es Ihnen noch einmal zumuten – Sie dürfen ja gleich antworten –: Am Mittwoch haben wir hier in der Regierungsbefragung die Situation gehabt, dass Sie auf eine Erwiderung von Bundesminister Robert Habeck wörtlich gesagt haben: Rezessionen hat es in der vorangegangenen Regierung nicht gegeben. – Ich weiß nicht, wie weit Ihr Gedächtnis in die Vergangenheit zurückreicht. Wir hatten im Jahr 2020 infolge der Coronapandemie einen wirtschaftlichen Einbruch von 5 Prozent.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir hatten infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise der Nullerjahre 2009 einen wirtschaftlichen Einbruch von 5,7 Prozent.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Aber 14 von 16 Jahren hatten wir ein Wirtschaftswachstum!)

Ich sage ganz deutlich: Niemand in diesem Raum würde dafür der Union die Verantwortung geben. Das eine war die Finanzkrise, das andere war die Coronapandemie.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Sie haben die Staatsschuldenkrise vergessen, Herr Banaszak!)

Jetzt aber sagen Sie, Herr Wiener, diese Rezession sei unsere, obwohl diese Rezession die Folge davon ist, dass sich Deutschland wie kein anderes Land in Europa von russischem Erdgas abhängig gemacht hat.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Alle sind abhängig von Gas! Und die Gaspreise sind weltweit gestiegen, nicht nur hier!)

Deshalb war Deutschland wie kein anderes Land in Europa dazu gezwungen, das zu ersetzen, und daher musste kein anderes Land in Europa so viel Geld zur Verfügung stellen, um diese Energiekrise zu lösen

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Nein, falsch!)

und um diese Inflationskrise zu lösen. Und Sie haben in einer solchen Situation nicht mal die Größe, zu sagen: „Da haben wir auch eine Mitverantwortung als Unionsfraktion“, obwohl Sie 16 Jahre – das sind 192 Monate – dafür gesorgt haben,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Atmen! Einmal atmen!)

uns immer abhängiger zu machen, und sogar die Gasspeicher verkauft haben, die dann leer waren.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Atmen nicht vergessen!)

Sie sind nicht in der Lage, zu sagen: Na gut, das ist eine Rezession. Dafür tragen wir alle Verantwortung. Sie sagen: Das ist Ihre Rezession. – Ich glaube, es wäre wirklich angemessen, wenn Sie darüber noch mal nachdenken würden.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Nein, ganz bestimmt nicht! Das werden wir Ihnen immer wieder sagen! Das ist Ihre Rezession!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Kollegin Julia Klöckner.

(Beifall bei der CDU/CSU)