Rede von Dr. Sandra Detzer Wirtschaft

Dr. Sandra Detzer MdB
11.04.2024

Dr. Sandra Detzer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir können es besser, wir können ein attraktiverer Wirtschaftsstandort sein. Und nein, gleichzeitig ist das kein Grund, einen Abgesang auf Deutschland zu singen, und es ist nicht alles schlecht, was derzeit passiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: „Dramatisch“ hat der Wirtschaftsminister gesagt! „Dramatisch“!)

Die Inflationsrate lag im März bei 2,2 Prozent; das ist der niedrigste Wert seit April 2021. Die Industrieproduktion hat seit Beginn des Jahres wieder zugelegt und ist um 2,1 Prozent gestiegen. Allein die 40 DAX-Unternehmen haben im vergangenen Jahr 50 000 neue Stellen geschaffen, 18 000 davon allein in Deutschland. Alles andere ist eine Mär. Es gibt keine Deindustrialisierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ach herrje! – Enrico Komning [AfD]: Wie bitte? Realitätsverweigerung ist das!)

Diese Zahlen zeigen: Die deutsche Wirtschaft hat in den letzten zwei Jahren die schwerste Energiekrise überwunden. Die Maßnahmen der Bundesregierung zeigen Wirkung, und die Anstrengungen der Unternehmen in den letzten zwei Jahren haben gewirkt. Wir dürfen weiter mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnen.

Umgekehrt ist natürlich auch klar: Dieses Land hat über die letzten Jahrzehnte nicht genug an seiner Wettbewerbsfähigkeit gearbeitet. Wir haben nicht genug investiert, und deswegen müssen wir jetzt alles daransetzen, diese Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Drei konkrete Beispiele, wie das Sofortprogramm der Bundesregierung für dieses Land jetzt aussieht:

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!)

Das erste ganz konkrete Beispiel. Diese Woche beschließt der Bundestag das Wasserstoffkernnetz – eine zentrale Maßnahme für das Energiesystem der Zukunft.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Interessantes Sofortprogramm!)

Das Energiesystem der Zukunft, das bezahlbar, das sicher, das verlässlich sein wird, fußt auf den Erneuerbaren und wird Wasserstoff als Backbone haben, damit Industriehäfen und die verschiedenen Kraftwerke miteinander verbunden sind und die Energie in Zukunft bezahlbar sein kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an der Stelle sagen: Wir haben gestern in diesem Hohen Haus einen Antrag der CDU/CSU zum Thema „Rückbau der Atomkraftwerke stoppen, Moratorium umsetzen“ diskutiert.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Es wäre Gift, an dieser Stelle die alte Atomdebatte wieder aufzumachen. Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland ist erneuerbar. Genau da brauchen Unternehmen Planungssicherheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir bringen das Startchancen-Programm auf den Weg – darüber haben wir gerade beim letzten Tagesordnungspunkt diskutiert –, ein zentraler Baustein für die Sicherung von Fachkräften in diesem Land. Wir werden so viel Geld in die Hand nehmen wie noch keine Bundesregierung zuvor:

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das können Sie gut!)

20 Milliarden Euro über zehn Jahre gemeinsam mit den Ländern, um speziell Kindern mit schwierigen Startchancen zu helfen und Brennpunktschulen zu unterstützen. Das ist ein echter Meilenstein zur Sicherung von Fachkräften in diesem Land. Es ist dringend notwendig, dass wir diese Maßnahme auf den Weg bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich will an dieser Stelle aber noch einen Punkt ansprechen, der im Antrag der Union komplett fehlt, der aber für das Exportland Deutschland zentral werden wird. 50 Prozent unseres BIP erwirtschaften wir durch Exporte, allein 50 Prozent davon sind Exporte in die Europäische Union. Wir haben als Deutschland ein elementares Interesse daran, dass ein Level Playing Field für den europäischen Binnenmarkt besteht, dass der Binnenmarkt fair funktioniert. An dieser Stelle ist es so wichtig, dass wir den unfairen Maßnahmen von Drittstaaten ganz entschieden entgegentreten. Wir sehen momentan massive Dumpingversuche. Es wird versucht, über Preiswettkämpfe europäische Industrie, deutsche Industrie vom Markt zu verdrängen. Wir sehen das von der PV bis zum Stahl über den gezielten Aufbau von Überkapazitäten gerade aus China. Das dürfen wir aus Deutschland nicht zulassen. Wir müssen die Europäische Union dabei unterstützen, dass sie gegen diese Maßnahmen vorgeht. Deswegen ist es richtig, dass die Europäische Union die Antidumpingverfahren eingeleitet hat, sowohl im Solarbereich als auch im Automotive-Bereich. Ich freue mich sehr, wenn alle diejenigen, die gerade hier die Wirtschaftswende fordern, die Kommission dabei unterstützen, dass sie gegen diese unfairen Wettbewerbsverzerrungen vorgeht; denn das ist zentral für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich komme zum Ende. Dieses Land hat in den letzten zwei Jahren Enormes geleistet. Die große Abhängigkeit vom russischen Gas ist überwunden. Wir haben es gemeinsam geschafft, dass die Lichter nicht ausgegangen sind. Jetzt gehen wir den Weg der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit konsequent weiter.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Reinhard Houben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)