Rede von Deborah Düring Haushalt 2022 - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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23.03.2022

Deborah Düring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde in dieser Debatte nichts schönreden. Der BMZ-Etat sinkt um 1,6 Milliarden Euro. Das ist angesichts der Vielzahl an globalen Herausforderungen und Krisen einfach nicht angemessen.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

– Zu ihnen komme ich später noch. – Allein im ersten Quartal 2022 wurden 13 Millionen Menschen in Äthiopien, Kenia und Somalia auf der Suche nach Wasser und Weideland vertrieben. Die Klimakrise kostet schon jetzt Millionen Menschen ihr Zuhause, und Ernten fallen wegen ihr aus.

Gleichzeitig haben wir eine Pandemie, an der nicht nur über 6 Millionen Menschen gestorben sind, sondern die auch zu massiven sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen, besonders im Globalen Süden, geführt hat. Als Folge der Coronapandemie sind noch mal weitere 150 Millionen Menschen in absolute Armut gefallen.

Die Klimakrise und die anhaltende Polypandemie verschärfen den Hunger in der Welt. In Kenia ist die Ernte aufgrund der Dürren des letzten Jahres um 70 Prozent zurückgegangen. Das Land hat den nationalen Katastrophenzustand ausgerufen. Mehr als ein Zehntel der Weltbevölkerung hungert.

Diese Krisen enden nicht an nationalstaatlichen Grenzen. Genau deswegen darf unsere Antwort darauf keine rein nationalstaatliche sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Im Kampf gegen Armut, Hunger, den Klimawandel und für die soziale Gerechtigkeit brauchen wir den internationalen Schulterschluss. Wir werden endlich eine neue, multilaterale und feministische Zusammenarbeit leben und umsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Feministisch vor allem! – Zuruf von der CDU/CSU: Aber ohne Geld!)

Direkt vor der Haustür – wir haben es heute schon häufig gehört – erleben wir einen Krieg gegen die Ukraine, der nicht nur das Leben und die Existenzen der Menschen vor Ort gefährdet, sondern auch dazu führt, dass die zwei wichtigsten Kornkammern der Welt wegfallen. Die Preise für Weizen haben sich in den letzten Wochen noch mal verdoppelt; Frau Ministerin, Sie haben es angesprochen. Im Jemen muss das World Food Programme seine Nahrungsmittelrationen halbieren. Andere Staaten müssen sich noch weiter verschulden, um Brot zu subventionieren, damit ihre Bevölkerung sich das überhaupt leisten kann. Und wir wissen, dass Nahrungsmittelkrisen zu mehr Konflikten führen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Krisen, die ich da gerade aufgezählt habe, hängen zusammen, und sie verstärken sich gegenseitig. Genau deswegen ist es schlichtweg falsch, jetzt den Kernbeitrag für das World Food Programme fast zu halbieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es widerspricht auch jeglicher Logik, den Haushaltstitel für die sogenannten Übergangshilfen um 40 Prozent zu kürzen; denn gerade das sind die Aktivitäten, die dazu führen, dass Gesellschaften widerstandsfähig sind gegen die langanhaltenden Krisen und gegen die Belastungen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich freue mich sehr, genau darauf im Haushaltsverfahren noch mal ein Augenmerk zu legen.

(Volkmar Klein [CDU/CSU]: Wer hatte denn die Idee?)

– Wir kommen gleich zu Ihnen.

Resilienz zu stärken, bedeutet, nachhaltig Sicherheit zu schaffen: Sicherheit vor Hunger, Sicherheit vor Vertreibung, Sicherheit vor Armut, Sicherheit vor Konflikten und Sicherheit vor struktureller Gewalt. Sicherheit bedeutet eben nicht nur militärische Sicherheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Genau deswegen sind wir nun dafür verantwortlich, dass es in den kommenden Jahren keine Schieflage zwischen den notwendigen Ausgaben für die Verteidigung, zivile Krisenprävention und eine menschenrechtsbasierte Entwicklungszusammenarbeit gibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir müssen in die Menschen, in eine nachhaltige Entwicklung und in Klimaschutz investieren, und zwar nicht erst in zehn Jahren, sondern jetzt und dauerhaft. Es ist gut und richtig und vor allem notwendig, dass wir auch 2022 auf dem Kurs zu dem 0,7‑Prozent-Ziel liegen. Aber dieses Ziel dürfen wir uns insbesondere in den kommenden Jahren nicht einfach schönrechnen.

So, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union:

(Zuruf von der AfD: Jetzt aber!)

Ja, auch ich bin nicht zufrieden mit diesem Haushalt.

(Volkmar Klein [CDU/CSU]: Das ist irgendwie deutlich geworden!)

Aber Sie haben hier jetzt mit ein paar Zahlen herumgeworfen. Da sollten Sie sich vielleicht mal Ihren eigenen Regierungsentwurf angucken, den Sie uns vor ein paar Monaten noch vorgelegt haben.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört! Hört!)

Lieber Herr Gröhe, ja, Sie haben recht, dass im Bereich der Medien der Haushalt gekürzt wird. Wir haben ihn aber noch mal um 5 Millionen Euro erhöht.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Na super!)

Sie wollten nämlich minus 15 Millionen Euro. Wir haben jetzt minus 10 Millionen Euro daraus gemacht.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha!)

Dass das nicht gut ist, davon reden wir nicht; aber Sie stellen sich jetzt hierhin und tun so, als ob Sie das alles besser machen würden – das stimmt nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)

Sie haben auch die EZ-Partnerschaften für Wirtschaft angesprochen, und auch da – siehe da! – haben wir ein Plus im Vergleich zu Ihrem Regierungsentwurf, nämlich ein Plus von 36 Millionen Euro. Jetzt stellen Sie sich hierhin und kritisieren das. Sie hätten es doch selber machen können in den letzten 16 Jahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Haben wir ja! Keine Ahnung!)

Herr Stefinger, Sie haben hier über die Sonderinitiative zum Hunger geredet, und auch da sieht man im Vergleich zu Ihrem Entwurf ein Plus von 7 Millionen Euro.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Und Sie reden hier von Glaubwürdigkeit. Ich würde sagen, wir müssen mal an Ihrer Glaubwürdigkeit arbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Dann sprechen wir jetzt mal über Menschenrechte in Katar mit Herrn Habeck!)

Ihre Partei hat sich in den letzten 16 Jahren vehement dagegen gewehrt, die globalen Krisen anzugehen.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie haben nichts für die Energieunabhängigkeit getan. Sie haben nichts getan, um in den globalen Krisen voranzugehen.

(Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Absoluter Quatsch! – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Verdreifachung der Mittel! – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Die Mittel wurden verdreifacht! Was ist das für eine Rechnung?)

Ich will jetzt nach vorne gucken. – Oh, meine Zeit ist zu Ende.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ja, das ist so. Letzter Satz.

Deborah Düring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich freue mich sehr darauf, dass wir gemeinsam eine Entwicklungspolitik gestalten, die die globale Zukunft wirklich in die Hand nimmt, und ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Markus Frohnmaier hat das Wort für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Guter Mann!)