Rede von Maik Außendorf Wirtschaftsstandort Deutschland

Mail Außendorf MdB
21.04.2023

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den demokratischen Fraktionen! Aus eigener Erfahrung als Geschäftsführer eines Unternehmens und jetzt als Abgeordneter nach zahllosen Gesprächen mit Unternehmen und Verbänden kann ich hier nur bestätigen: Ja, Bürokratie ist ein Problem, und es ist auch gut, dass wir darüber diskutieren.

Aber, Frau Klöckner, wenn Sie Beispiele anbringen – da hat Herr Houben ganz recht –, dann sollten Sie sich doch auch mit den Hintergründen beschäftigen. Sie haben ja hier zu Recht das Onlinezugangsgesetz angesprochen; das wäre ja, wenn es funktioniert hätte, ein Superinstrument gewesen, um weite Teile der Bürokratie zu reduzieren. Es ist auch beschämend, wie der Umsetzungsgrad ist. Aber gerade gestern wurde der Bericht des Bundesrechnungshofs zum Onlinezugangsgesetz in der Presse diskutiert. Die Zusammenfassung ist, dass die wesentlichen Versäumnisse in der Anfangszeit, in den Jahren 2017 bis 2020, stattfanden.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Deshalb keine Frist mehr? Und Sie streichen die Fristen!)

Da hat nämlich das Innenministerium versäumt, die Grundlagen zu setzen, Standards zu definieren, Schnittstellen zu definieren. Und der Minister zu dieser Zeit war Horst Seehofer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Und Sie streichen die Fristen! – Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Soll der Horst jetzt zurücktreten, oder was?)

Frau Detzer hat ja eben schon ausgeführt, was wir in den wenigen Tagen – 500 waren es ja nur – alles schon geleistet haben, insbesondere die Erleichterungen im Bereich erneuerbare Energien. Ich möchte das noch ein bisschen weiter spinnen; denn wir haben ja weit mehr getan und auch noch weit mehr auf der Agenda. Übrigens: Viele Punkte, die in Ihrem Antrag stehen, sind ja richtig, etwa das Once-Only-Prinzip, das ja auch schon im Koalitionsvertrag steht. Im Aktionsplan „Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“, den wir hier im letzten Herbst diskutiert haben, stehen schon ganz konkrete Maßnahmen zum Bürokratieabbau, die übrigens gespeist wurden aus den Berichterstatterrunden der Ampel. Dafür auch noch mal vielen Dank an meine Kollegen.

Ein Beispiel sei genannt: Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1 000 Euro und insbesondere Anhebung von Umsatzgrenzen in Bezug auf die Buchführungspflicht. Das wird gerade viele kleine Unternehmen deutlich entlasten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Diese und weitere Vorschläge liegen nun auch schon eine Weile beim federführenden BMJ, wo daran gearbeitet wird, ein Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen. Es gibt auch Runden mit den Parlamentarischen Staatssekretären; es gibt da Fortschritte. Wir erwarten jetzt schnell umzusetzende Maßnahmen, die den Bürokratieaufwand gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen wirksam begrenzen.

Der Aktionsplan „Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“ geht übrigens weit über die Entbürokratisierung hinaus. Er nennt die notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen und zielgerichteten Instrumente, um den Mittelstand bei der anstehenden Transformation zu unterstützen und zu entlasten. Das ist allgemein das Rahmenwerk, was wir setzen. Mit konkreten Beispielen und Maßnahmen setzen wir es um.

Auch die Start-up-Strategie der Bundesregierung haben wir hier besprochen. In dem Zusammenhang möchte ich sagen, dass wir jetzt auch das Unternehmensfinanzierungsgesetz angehen und – das ist gerade für Start-ups wichtig – die Dry-Income-Problematik bei Mitarbeiterbeteiligungen deutlich abbauen bzw. abschaffen werden und auch noch mal über die Fristen reden werden. Das ist eine Maßnahme, die besonders Start-ups und kleine Unternehmen stärkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Insgesamt – ich habe es schon gesagt – hat der Antrag der Union einige wichtige Punkte, die gut und richtig sind. Aber vor einigen Ideen der Union möchte ich, und zwar ganz deutlich, aus eigener Praxiserfahrung warnen. Sie schlagen vor, die Benennungspflicht eines Datenschutzbeauftragten abzuschaffen. Zunächst sei mal festgehalten: Die Benennungspflicht gilt für Kleinunternehmen nicht; sie gilt erst ab Unternehmen, die mindestens zehn Mitarbeitende haben, die permanent mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Das ist ein Riesenkonzern!)

Aber was würde passieren, wenn Sie den Datenschutzbeauftragten abschaffen würden? Es wäre ein Riesenproblem; denn die Firmen sind ja trotzdem gehalten, die Vorschriften umzusetzen, und wenn sie es nicht tun, entsteht erstens ein Datenschutzproblem und zweitens ein Bußgeldproblem. Damit hätten Sie gar nichts gewonnen, sondern Sie würden nur die Illusion erzeugen, Bürokratie abzubauen, in Wirklichkeit aber würden Sie den Unternehmen ein Kuckucksei ins Nest legen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich komme zum Schluss. Leider ist die Zeit schon um. – Ich möchte Sie beruhigen: Die sinnvollen Punkte aus Ihrem Antrag sind eh schon in Bearbeitung. Wir setzen jetzt darauf, dass das BMJ den Gesetzentwurf zügig vorlegt, wir ihn hier diskutieren können und mit dem Bürokratieabbau schnell vorankommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Nicole Bauer das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)