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28.06.2019

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche hat die Universität Bonn eine Studie vorgelegt, die sich mit den Auswirkungen des Immobilienbooms in Deutschland beschäftigt. Diese Studie hat, finde ich, sehr krasse Zahlen gezeigt: Die Vermögen der 10 Prozent reichsten Deutschen sind aufgrund dieses Immobilienbooms um 1,5 Billionen Euro gestiegen – das ist eine krasse Zahl –, demgegenüber sind die Wohnkosten derjenigen 20 Prozent, die in unserem Land die geringsten Einkommen haben, massiv gestiegen und explodiert. Der Immobilienboom der letzten zehn Jahre macht die Reichen in diesem Land reicher und die Armen ärmer, wegen der Mietenexplosion. Im Augenblick spaltet sich dieses Land genau an dieser Vermögens- und Verteilungsfrage. Die Mietenexplosion ist der Spaltpilz dieser Gesellschaft. Ich kann nicht verstehen, dass diese Bundesregierung nicht handelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie tun so, als ob Sie die Dinge einfach so weiterschreiben können. Das reicht einfach nicht aus. Das ist auch bei dem heute vorliegenden Gesetzentwurf für ein Wohngeldgesetz der Fall. Wenn man sich diese Studie anschaut, dann hofft man, dieser Gesetzentwurf könnte eine Antwort auf die Probleme sein. Aber das ist er nicht. Dieses Wohngeldgesetz, das prophezeie ich Ihnen, wird genauso verpuffen wie die Wohngeldnovelle 2015, weil Sie die Grundfehler der alten Novelle wiederholen, außer einem, und darauf möchte ich jetzt eingehen.

Die Dynamisierung ist gut. Sie als Große Koalition tun jetzt so, als ob Sie das erfunden und das Problem jetzt erkannt und gelöst haben; aber das ist nicht der Fall. Bei der Wohngeldnovelle 2015 haben die Sozial- und Wohlfahrtsverbände gesagt: Das muss sich ändern. – Die Mieterinitiativen haben gesagt: Das muss sich ändern. – Wir in der Opposition haben gesagt: Das muss sich ändern. – Es ist aber an der alten Großen Koalition gescheitert.

(Klaus Mindrup [SPD]: Wir lernen dazu, Herr Kollege!)

Dass Sie es jetzt reingeschrieben haben, kommt leider vier Jahre zu spät.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulli Nissen [SPD]: Wir hätten es gern schon vorher gemacht!)

Ihre Berechnungsmethode ist angesichts dessen, was auf den Wohnungsmärkten passiert, überhaupt nicht ausreichend. Sie nehmen den Durchschnitt aller Wohngeldhaushalte und errechnen daraus die neuen Wohngeldstufen. Sie müssten die Durchschnittsmieten in den Städten nehmen und daraus die neuen Wohngeldstufen errechnen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dann hätten Sie einen größeren Bezieherkreis, und dann wäre es wirklich eine Antwort auf die Mietenexplosion.

Dass Sie angesichts von Fridays for Future und der Proteste von Mieterinnen und Mietern auf den Straßen in Berlin und in vielen anderen Städten in Deutschland nicht in der Lage sind, hier eine Klimakomponente einzuführen, zeigt doch, dass Sie es nicht hinbekommen, Klimaschutz und Wohnen miteinander zu verbinden und diese beiden Großthemen miteinander zu verzahnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben in dieser Wahlperiode einige Schritte für eine Klimakomponente auf den Weg gebracht. Das Bauministerium hat ja bereits Gutachten auf den Weg gebracht, ein Planspiel gemacht. Ich verstehe nicht, warum Sie das nicht einfach umsetzen.

(Ulli Nissen [SPD]: Es gilt das Struck’sche Gesetz! Auch hier!)

Ich verstehe es beim besten Willen nicht, und Fridays for Future und die Menschen da draußen verstehen auch nicht, dass Sie auch hier beim Klimaschutz versagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt zur Reichweite, Herr Wanderwitz. Wissen Sie, wie viele Wohngeldempfängerinnen und Wohngeldempfänger es 2010 in Deutschland gab? 1 Million. Jetzt sagen Sie: Wir erhöhen die Reichweite massiv auf 60 000. Seit 2010 haben wir in den Städten eine Mietenexplosion. Das zeigt doch: Dieser Empfängerkreis ist mitnichten einer, der die sozialen Probleme beim Wohnen löst. Deswegen brauchen wir eine andere Berechnungsmethode. Deswegen ist es Augenwischerei, was Sie heute hier zur Reichweite dieser Novelle gesagt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie kochen das Wohngeld weiter auf Sparflamme. Wenn Sie damit weitermachen und das das Einzige bleibt, was Sie in Richtung soziale Gerechtigkeit beim Wohnen tun, dann ist das erbärmlich, dann ist das keine Absicherung des Grundrechtes auf Wohnen. Dagegen werden wir hier im Parlament die Stimme erheben.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)