Rede von Hanna Steinmüller Wohngeld und Heizkostenzuschuss

Hanna Steinmüller
13.10.2022

Hanna Steinmüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kießling, ich habe wirklich zugehört. Es ging um das 9‑Euro-Ticket und das

Bürgergeld. Das war ein buntes Potpourri. Zum Wohngeld habe ich nicht so viel gehört. Deswegen probiere ich es jetzt noch einmal mit dem Wohngeld, worum es bei

diesem Tagesordnungspunkt ja geht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP])

Wir wollen sozial gemischte Kieze. Das Wohngeld wurde eingeführt, um zu ermöglichen, dass sich Menschen mit niedrigem Einkommen auf dem freien

Wohnungsmarkt eine Wohnung leisten können und da wohnen, wo sie es wollen. Das ist die Idee des Wohngeldes, und die gilt noch immer, auch wenn wir jetzt zu

Recht viel über Entlastungen und die Folgen von Putins Angriffskrieg diskutiert haben, die zu steigenden Energiepreisen und anderen Preisexplosionen führen.

Also, beim Wohngeld geht es darum, dass wir sozial gemischte Kieze erhalten.

Wir machen die größte Wohngeldreform der Geschichte der Bundesrepublik. Von ihr profitieren 2 Millionen Haushalte in ganz Deutschland: Rentner und

Rentnerinnen, Alleinerziehende, Familien, Studierende, Azubis und Menschen mit kleinem Einkommen.

Mit Verena Hubertz sind wir gerade in Trier gewesen. Ich möchte mal in Berlin bleiben. Was bedeutet das Wohngeld konkret? Was bedeutet es für die

Rentnerin in Berlin, die eine Miete von 550 Euro hat und ein Gesamteinkommen von 1 200 Euro? Sie hat bisher Anspruch auf 16 Euro Wohngeld. Sehr berechtigt

können wir davon ausgehen, dass sie das vermutlich nicht beantragt hat. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu 16 Euro im Monat; das heißt, wahrscheinlich

nutzt sie es nicht. Nach der Reform bekommt sie 212 Euro Wohngeld; das ist fast die Hälfte ihrer Miete.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir wandern weiter, weil Berlin ja nicht der Nabel der Republik ist. Was bedeutet es für eine Familie in Heidelberg, zwei Elternteile, ein Kind,

Miete: 900 Euro, Einkommen: 2 800 Euro brutto? Sie haben bisher keinen Anspruch auf Wohngeld; nach der Reform sind es 311 Euro. Es macht also einen Unterschied.

Es bedeutet auch, dass sich – ich schaue zu meinem Kollegen Kassem Taher Saleh – beispielsweise die Alleinerziehende in Dresden ihre Wohnung noch leisten kann

und nicht umziehen muss. Das ist eine ganz wichtige Veränderung durch die Reform des Wohngeldes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Heute ist jedoch die erste Lesung des Wohngeld-Plus-Gesetzes. Es gilt das Struckʼsche Gesetz. Auch wir möchten noch einige Dinge ändern.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Aha!)

Eines wurde heute schon vielfach thematisiert, nämlich die Frage, wie wir es schaffen, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den

Wohngeldstellen, die wirklich wichtige Arbeit leisten, nicht überfordern. Da müssten wir gemeinsam als Ampel überlegen – es gibt viele Vorschläge –, wie wir das

noch einfacher machen können. Das sind wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ich als Grüne habe noch einen zweiten Punkt. So, wie die Klimakomponente in diesem Gesetzentwurf ausgestaltet ist, hat sie mit einem sozialen

Ausgleich für energetische Sanierung noch nicht so viel zu tun.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Mogelpackung!)

Wir sind in der Situation, dass wir sehr schnell die Reform durchbringen müssen, weil wir sehr schnell Menschen entlasten wollen; das ist richtig.

Aber ich finde, wir müssen trotzdem noch mal überlegen, was man da noch drehen kann, oder notfalls bei der nächsten Evaluierung eine Klimakomponente einführen,

die ihrem Namen wirklich gerecht wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Ziel beim Wohngeld ist, dass die soziale Mischung erhalten bleibt. Dafür nehmen wir, ehrlich gesagt, ganz schön

viel Geld in die Hand, um Mieten zu subventionieren. Aber es gibt auch andere Wege, dieses Ziel zu erreichen, und an denen müssen wir genauso arbeiten. Wir

brauchen eine neue Wohngemeinnützigkeit, damit wir dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: 6 Millionen Euro im Haushalt! Das ist ja richtig viel! Was sagt denn die FDP

dazu?)

Und wir müssen das Vorkaufsrecht wieder rechtssicher einführen, damit Mieterinnen und Mieter nicht weiter verdrängt werden. Dafür werden wir Grüne uns

in der Koalition weiter einsetzen. Ich freue mich auf die Beratung von Heizkostenzuschuss- und Wohngeld-Plus-Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Daniel Föst [FDP])

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank. – Und jetzt kommt Anne König für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)